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"Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen" und die Implikationen für das Rheinische Revier


Letzte Beratung
Mittwoch, 18. September 2019 (öffentlich)
Federführend
Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Europa
Originaldokument
http://ratsinfo.aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=20521

Erläuterungen:

Das Rheinische Revier ist mit etwa 55 Milliarden Tonnen nicht nur die größte zusammenhängende Braunkohlelagerstätte, sondern auch in ihrem Charakter und in ihrer gewaltigen räumlichen Ausdehnung einzigartig für ganz Europa. Rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier in der Braunkohlewirtschaft unmittelbar tätig. 740 Mio. Euro Bruttolohn pro Jahr und 735 Mio. Euro Auftragsvolumen pro Jahr bei den Zulieferern der Braunkohleunternehmen führen durch Multiplikatoreffekte zu weiteren 10.000 Beschäftigten, die in der Region von der Braunkohlewirtschaft profitieren. Die anstehende Aufgabe des Braunkohletagebaus wird zu nachhaltigen strukturellen Veränderungen führen und betroffene Regionen vor große Herausforderungen stellen.

Im Januar 2019 veröffentlichte die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ihren medial stark wahrgenommenen Abschlussbericht, der ein Ende der Kohleverstromung bis spätestens 2038 vorsieht und den schrittweisen Ausstieg sowie konkrete wirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektiven für die betroffenen Regionen aufzeigt. Die Bundesregierung hat die Empfehlungen der Kommission geprüft und wird in Abstimmung mit den betroffenen Ländern, Regionen und regionalen Akteuren gesetzliche und außergesetzliche Maßnahmen ergreifen, um den aus dem Ausstieg resultierenden Strukturwandel zu begleiten und gesellschaftsverträglich zu gestalten. Im Mai 2019 wurden nun die ersten Eckpunkte zur Umsetzung der strukturpolitischen Empfehlungen für ein „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ veröffentlicht.

Dieses Papier sieht für das Rheinische Revier drei inhaltliche Schwerpunkte vor:

  • Europäische Modellregion für Energieversorgungs- und Ressourcensicherheit
  • Gründungskultur und systematischer Wissens- und Technologietransfer
  • Internationale Bau- und Technologieausstellung Rheinisches Zukunftsrevier

Außerdem ist diesem Eckpunktepapier zufolge vorgesehen, dass der Bund in den kommenden Jahren insbesondere die sogenannten prioritären Projekte realisieren wird. Darin enthaltene prioritäre Projekte mit einem Bezug zu Aachen sind:

  • Forschungsvorhaben RWTH Aachen, FH Aachen und DLR zur allgemeinen Luftfahrt (Urban Air Mobility, General Aviation, sowie Zivile Luftunterstützung)
  • Ausbaustrecke Aachen Köln (drittes Gleis)
  • Institutsverbund Campi West / Melaten für Low Carbon Technologien
  • Aufbau des Forschungsflugplatzes Merzbrück
  • New Business Factory

Zur Erstellung der fachlichen Teilkonzepte eines wegweisenden Wirtschafts- und Strukturprogramms des Rheinischen Reviers werden sieben sogenannte „Revierknoten“ eingerichtet. In den Revierknoten werden unter anderem die bestehenden Eckpunkte und Leitlinien akteursübergreifend ausgearbeitet. In der Umsetzungsphase sollen die thematisch aufgeteilten Revierknoten ebenfalls mitwirken und die Zukunftsagentur sowie die Fachakteure im Revier unterstützen. Folgende Revierknoten sollen eingerichtet und dessen Vorsitzende durch die Landesregierung begleitet werden:

- Raum

Ralph Sterck, Zukunftsagentur Rheinisches Revier

- Infrastruktur und Mobilität

Dirk Brügge, Rhein-Kreis Neuss

- Energie

Andreas Ziolek, EnergieAgentur.NRW

- Industrie

Ron Brinitzer, IHK Mittlerer Niederrhein

- Innovation und Bildung

Christiane Vaeßen, Region Aachen Zweckverband

- Agrobusiness und Ressource

Jens Bröker, Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH

- Internationale Bau- und Technologieausstellung

Relmar Molltor, Region Köln/Bonn e.V.

Um den Ländern strukturpolitische Hilfen über den von der Kommission vorgeschlagenen Zeitraum bis spätestens 2038 zur Verfügung zu stellen, hat die Bundesregierung den Entwurf für ein „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ vorgelegt. Dieses Mantelgesetz soll aus zwei Teilen bestehen: aus einem neuen Stammgesetz „Investitionsgesetz Kohleregionen“ und aus Änderungen einiger bestehender Gesetze und ggf. Rechtsverordnungen sowie gegebenenfalls auch aus neuen Gesetzen. Das zustimmungspflichtige Mantelgesetz „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ bildet den Rahmen für die Unterstützung der durch die vorzeitige Beendigung der Kohleverstromung betroffenen Regionen. Die Finanzhilfen werden prozentual auf die Braunkohleregionen verteilt. Demnach steht dem Rheinischen Revier und entsprechend Nordrhein-Westfalen von 2020 bis 2038 ein Budget in Höhe von 14,8 Milliarden Euro zur Gestaltung des Strukturwandels zur Verfügung. Das Gesetz muss vom Bundestag und Bundesrat beschlossen und dann technisch umgesetzt werden. Es zeichnet sich jedoch ab, dass das Auswahlverfahren für die Förderprojekte ab dem 1. Januar 2020 beginnen könnte.

Um noch in diesem Jahr strukturwirksame Projekte in den drei betroffenen Braunkohleregionen zu realisieren, haben der Bund und die betroffenen Länder ein Sofortprogramm vereinbart. Das Sofortprogramm soll dabei auch kurzfristig das Ziel von nachhaltigen Standorteffekten, neuen Wertschöpfungsmöglichkeiten und Arbeitsplätzen unterstützen. Die Bundesregierung hat beschlossen, 240 Millionen Euro für dieses Sofortprogramm einzusetzen. Davon entfallen 88,8 Millionen Euro auf das Rheinische Revier. Eine Projektauswahl wurde durch das Wirtschaftsministerium des Landes auf Basis der Entwicklungsreife und des Modellcharakters der Projekte.

Nach jetzigem Stand werden folgende Projekte im Raum Aachen im Rahmen des Sofortprogramms für das Rheinische Revier gefördert:

  • Aachen - Düsseldorf, Korridor für neue Mobilität[1]
  • Fraunhofer Zentrum für Digitale Energie
  • Forschungsflugplatz Merzbrück (in Prüfung)
  • Digital Hardware Hub (in Prüfung)
  • CO2-freie Energieversorgung + Mobilität mittels Wasserstoffwirtschaft für den Campus Melaten (in Prüfung)

Anfang August 2019 hat die Landesregierung NRW zudem das Entfesselungspaket IV beschlossen, um die Tagebauplanungen und den notwendigen Strukturwandel im Rheinischen Revier zu beschleunigen. Mit diesem sollen Beteiligungsverfahren vereinfacht, Fristen angepasst und Prozessschritte digitalisiert und gestrafft werden. Es wurde unter anderem eine sogenannte Experimentierklausel eingeführt, die als Einladung an die Regionen zu verstehen ist, Ideen zu entwickeln, um Vorhaben mit Bezug zu den Themen Energiewende, Digitalisierung, Klima- und Strukturwandel einfacher abzuwickeln.

Zuständig für den Strukturwandel im Rheinischen Revier ist die Zukunftsagentur Rheinisches Revier, die hierfür entsprechend ausgebaut werden wird. Die Zukunftsagentur muss in Zusammenarbeit mit Bund und Land sicherstellen, dass in der Region eine auf ihren Stärken aufbauende Entwicklung mit wirkungsvollen Impulsen versehen wird. Dazu arbeitet sie mit allen Akteuren der Region zusammen, mit den Kommunen, der Wirtschaft, den Sozialpartnern und Verbänden und der Zivilgesellschaft. Für eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Land und Region wird auf Arbeitsebene der „Koordinierungskreis Rheinisches Revier“ gebildet. Neben Vertretern der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung der Zukunftsagentur gehören auch Vertreter des MWIDE (Vorsitz), die Bezirksregierung Köln sowie die Vorsitzenden der Revierknoten und der Arbeitsagentur Brühl dem Koordinierungskreis an. Weitere Gremien, die von der Zukunftsagentur aktiv vorangetrieben werden, sind die Anrainerkonferenz und die Revierkonferenz. Die Anrainerkonferenz vertritt zum einen die Interessen der Anrainerkommunen und bringt sich zusätzlich in die strategische Ausgestaltung zukünftiger Entwicklungen ein. Die Revierkonferenz bleibt als Beteiligungsformat für die Zivilgesellschaft erhalten und wird durch weitere Beteiligungsformate erweitert.

Die Stadt Aachen ist an den Organisationsstrukturen des Rheinischen Reviers indirekt über die Zukunftsagentur Rheinisches Revier und die Städteregion Aachen beteiligt. Zudem bringt sich die Stadtverwaltung inhaltlich in den Konferenzen und den gebildeten Revierknoten ein. Unmittelbar oder assoziiert eingebunden ist die Stadt Aachen zudem bei verschiedenen konkreten Projektvorhaben.

Über den aktuellen Sachstand wird in der Sitzung seitens FB 02 mündlich berichtet.


[1] Das Projekt wird mit Unterstützung des Verkehrsministeriums NRW unter Federführung des Instituts für Kraftfahrzeuge (ika) an der RWTH durchgeführt und beinhaltet insbesondere den sogenannten Campus Liner. Die Stadt Aachen beteiligt sich ebenfalls aktiv mit Personal an dem Projekt und wird für das Behördenmanagement, das Thema Bürgerbeteiligung und die Vernetzung mit der Erlebniswelt Mobilität Aachen zuständig sein.

 

 

Beschlussvorschlag:

Der Hauptausschuss nimmt die Entwicklungen im Rahmen des Kohleausstiegs im Rheinischen Revier zur Kenntnis.


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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Beratungsfolge

Mittwoch, 18. September 2019öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Hauptausschusses

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