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Aufgabenbereich der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfe; hier:
Steuerung und Qualitätssicherung der Hilfen zur Erziehung, Fall- und
Kostenentwicklung


Letzte Beratung
Dienstag, 07. März 2017 (öffentlich)
Federführend
A 51.1 Jugendamtsverwaltung
Originaldokument
http://ratsinfo.alsdorf.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=4551

Darstellung der Sach- und Rechtslage:

Vorbemerkungen:

Die Sitzungsvorlage gibt einen Überblick über die Fall- und Kostenentwicklung im Bereich der Hilfen zur Erziehung/Eingliederungshilfen mit Stand zum 31.12.2016.

Der Bedarf an erzieherischen Hilfen und Beratung ist weiterhin hoch. Maßgebliche Ursache ist die sozioökonomische Entwicklung bei der Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen, auf deren Ursachen die Kinder- und Jugendhilfe keinen Einfluss hat.

Als weitere Ursachen für den bundesweiten Anstieg gibt es folgende Erklärungsansätze:

  • steigende psychosoziale Belastungen
  • Zunahme psychischer Erkrankungen und dadurch häufig langfristig entstehender Hilfebedarf
  • Trennungsproblematiken nehmen zu
  • Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen
  • veränderte Schulgesetzgebung (Inklusion), größerer Unterstützungsbedarf in

Schulen

  • Kultur des Hinsehens seit Einführung des § 8a SGB VIII und des Präventionsgesetzes
  • Erziehungskompetenzen nehmen insbesondere bei jungen Müttern/Familien ab, oft gibt es kein starkes entlastendes Familiensystem im Hintergrund
  • durch den Ausbau präventiver Angebote werden Familien frühzeitiger erreicht
  • die Hemmschwellen von Migrantenfamilien gegenüber unseren Hilfsangeboten sinken
  • besonders aufwändige Einzelfälle/Multiproblemfamilien nehmen zu
  • andere Träger bauen ihre Leistungen ab, die Jugendhilfe wird zum Ausfallbürgen

Unter Hilfen zur Erziehung werden verschiedene Formen der beratenden, begleitenden und betreuenden sozialpädagogischen Unterstützungen in unterschiedlicher Intensität verstanden. Zur Gewährleistung einer hilfebedarfsgerechten Unterstützung werden professionelle Fachkräfte entsprechend der individuellen Zielformulierung eingesetzt. Für die Ausgestaltung der Hilfe arbeitet das Jugendamt mit den freien Trägern der Jugendhilfe eng und konstruktiv zusammen. Hierbei hat die Stärkung des Familiensystems Vorrang vor der Unterbringung in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung.

Der Einsatz und die Steuerung der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfen erfolgt über die pädagogischen Fachkräfte im Jugendamt/Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD). Der ASD überprüft die weitere Notwendigkeit und Eignung der Hilfe in regelmäßigen, mindestens halbjährlich durchgeführten Hilfeplangesprächen. In diesen wird überprüft, ob die vereinbarten Ziele der Hilfe erreicht wurden. Bei Bedarf werden die Ziele angepasst und ineffektive Hilfen werden umgestellt oder beendet.

Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz haben Personensorgeberechtigte einen Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung für sich und ihr Kind, wenn ein entsprechender erzieherischer Bedarf erforderlich ist und die Hilfe für die weitere Entwicklung geeignet und notwendig ist. Auch junge Volljährige können entsprechende Unterstützung erhalten. Jugendhilfe gehört somit zu den so genannten „pflichtigen Aufgaben der Verwaltung“.

Angebotsformen, Hilfearten und Zielgruppen der Hilfen zur Erziehung nach dem Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII)

Mit diesen Angeboten erfüllt die Jugendhilfe eine wichtige Funktion beim „ Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung“.

Entwicklung der Hilfen zur Erziehung in NRW

  • 12% mehr Hilfen zur Erziehung zwischen 2008 und 2014 – mehr Zuwachs als im Vorjahr
  • Höchste Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung nach wie vor im Übergangsalter von der Grundschule zur weiterführenden Schule
  • Kaum Veränderungen bei der Geschlechterverteilung der Adressat(inn)en der Hilfen zur Erziehung – Jungen sind nach wie vor Hauptklientel
  • Etwa jeder dritte junge Mensch in den Hilfen zur Erziehung hat Elternteile ausländischer Herkunft – 17% sprechen zuhause hauptsächlich kein Deutsch
  • Leichter Anstieg der Erziehungsberatung bei Jungen und Mädchen
  • Fallzahlenanstieg bei den Eingliederungshilfen hält an – Inanspruchnahme bei Jungen mehr als doppelt so hoch wie bei Mädchen
  • Anteil Alleinerziehender in Hilfen zur Erziehung liegt erstmalig über der 50%-Marke – alleinerziehende Hilfeempfänger/-innen besonders von prekären Lebenslagen betroffen
  • Unplanmäßige Beendigungen bei 44% der Hilfen zur Erziehung – mehr als jede zweite Heimerziehung wird nicht planmäßig beendet
  • 14 % der Hilfen zur Erziehung werden aufgrund einer Gefährdungseinschätzung der Jugendämter gewährt – bei fast jeder vierten Vollzeitpflege geht ein „8a-Verfahren“ voraus
  • Anstieg der „HzE-Aufwendungen“ auf rund 2,3 Mrd. € LWL-Landesjugendamt Westfalen / LVR-Landesjugendamt Rheinland, HzE Bericht 2016, Datenbasis 2014

  • Das Land NRW hat 632 Millionen Euro für die Betreuung, Versorgung und Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Haushalt 2017 bereitgestellt

Fallzahlen- und Kostenentwicklung in Alsdorf

Die nachfolgend bezeichneten ambulanten Maßnahmen sind familientherapeutische Leistungen, soziale Gruppenarbeit, begleitete Umgänge, Haushaltsorganisationstraining Erziehungsbeistandschaften, sozialpädagogische Familienhilfen, Erziehung in einer Tagesgruppe und die ambulante Eingliederungshilfe.

Bei den stationären Leistungen handelt es sich um die Heimerziehung, sonstige betreute Wohnformen, die Vollzeitpflege/Erziehungsstellen/Verwandtenpflege, die Inobhutnahme, sowie die stationäre Eingliederungshilfe.

Für die Stadt Alsdorf ergeben sich zum Stichtag 30.09.2016 folgende Fallzahlen in den verschiedenen Leistungsbereichen:

Im IV. Quartal 2016 wurden insgesamt 430 Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfen gewährt und umgesetzt (III. Quartal 2016, 436 Hilfefällen). Da nicht alle Tätigkeiten im ASD ausschließlich im unmittelbaren Leistungsbezug der Bürger stehen, müssen zusätzlich zu den Kostenintensivenfällen auch die oftmals sehr zeitintensiven Arbeitsprozesse wie Kinderschutzfälle, Trennungs-/Scheidungsberatungen, Familiengerichtsverfahren, begleitete Umgänge und formlose Betreuungen berücksichtigt werden. Insgesamt wurden im IV. Quartal 2016 zusätzlich zu den 430 Hilfefällen weitere 265 Familien (III. Quartal 2016 261 Familien) durch den ASD begleitet.

Insbesondere die formlosen Betreuungen, die durch die eigenen Fachkräfte durchgeführt werden, bringen im Leistungsbereich erhebliche Kostenreduzierungen mit sich.

Im IV. Quartal 2016 waren insgesamt 57 Kinder/Jugendliche in Heimerziehung (III. Quartal 2016, 50 Heimfälle).

Seit Oktober 2015 ist das Jugendamt für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge (UMA / umF) zuständig. Die Verteilung erfolgt über das Landesjugendamt Köln. Der aktuelle Aufnahmeschlüssel liegt bei 1.320. Unter Berücksichtigung einer Einwohnerzahl von ca. 47.000 ergibt sich aktuell eine Aufnahmeverpflichtung von ca. 35 UMA. Diese Zahl kann bei weiterer Veränderung des Aufnahmeschlüssels jederzeit verändert werden. Derzeit sind 35 Jugendliche der Stadt Alsdorf zugewiesen. Hiervon leben 8 in Pflegefamilien, 10 im Clearinghaus Alsdorf und 5 in eigenen Wohnungen. Die weiteren 12 UMA werden in unterschiedlichen Jugendhilfeeinrichtungen in der Städteregion Aachen betreut. Durch die stationäre und ambulante Betreuung von UMA entstehen prognostizierte Aufwendungen in Höhe von ca. 1,5 Mio. €. In gleicher Höhe werden Erträge erwartet.

Zur Zeit leben 79 Kinder/Jugendliche aus Alsdorf in Pflegefamilien bzw. in Erziehungsstellen.

Insbesondere die nicht vermeidbaren Heimunterbringungen, die Mutter-Kind-Unter-bringungen (IV Quartal 2016: 2 Fälle und III Quartal 2016: 1 Fall) und die Unterbringungen im Rahmen der Eingliederungshilfen (§ 35a SGB) von schwerst psychisch und suizidal kranken Kindern führen weiterhin zu erheblichen Mehraufwendungen (IV Quartal 2016:16 Fälle, IV Quartal 2016: 15 Fälle). Zurzeit besuchen 7 Kinder eine Tagesgruppe.

Im IV. Quartal 2016 waren überdies 50 Meldungen über mögliche Kindeswohlgefährdungen zu bearbeiten. Alle Meldungen wurden verlässlich immer von 2 MitarbeiterInnen überprüft. Insgesamt hat die weitere Zunahme der Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen zu einer erheblichen zusätzlichen Arbeitsbelastung bei den MitarbeiternInnen geführt.

In 11 Fällen (inklusive der unbegleiteten minderjährigen Ausländer) mussten vorläufige Schutzmaßnahmen durchgeführt werden.

Gründe für Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen und Inobhutnahmen waren:

desolate Wohnverhältnisse, Räumungsklagen, Abstellen von Strom und Wasser seitens der Energieversorger, Einstellung bzw. Reduzierung von ARGE-Leistungen, psychische und physische Erkrankungen oder auch Suchterkrankungen bei Eltern, Kindern und Jugendlichen, häusliche Gewalt, unzureichende Versorgung und hohe Fehlzeiten in der Kindertagesstätte und in den Schulen. In den meisten Fällen war eine Mitteilung an das Jugendamt berechtigt und begründet.

Kindeswohlgefährdungen werden durch Energieversorger, ARGE, Nachbarn, Verwandte, Polizei, Kitas, Schulen, Gesundheitshilfe und Beratungsstellen gemeldet.

Bei der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII handelt es sich um eine Hilfeform, die sich an seelisch behinderte bzw. von seelischer Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche richtet und deren gesellschaftliche Teilhabe am Leben beeinträchtigt ist.

Die Einführung der Eingliederungshilfe in das Achte Sozialgesetzbuch und damit die eindeutige Zuordnung der Hilfen für Kinder und Jugendliche in das Spektrum der Jugendhilfe führte in den letzten Jahren zu einer vermehrten Inanspruchnahme und Kostensteigerung in der Jugendhilfe. Der Großteil der Störungsbilder und Problemlagen steht in einem engen schulischen Kontext. Dies umfasst beispielsweise Aufmerksamkeitsschwierigkeiten, Legasthenie oder Dyskalkulie und Formen des Autismus. So waren in den Diagnosen häufig so genannte Aufmerksamkeitsstörungen zu finden, welche sich im schulischen Kontext durch rasche Ablenkbarkeit, fehlende Ausdauer, Vergesslichkeit und motorische Unruhe zeigten.

In etwa 41 Fällen waren es Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwächen und 14 Kinder erhielten eine Schulbegleitung. In laufender Bearbeitung sind noch 14 weitere LRS- Anträge, die noch nicht entscheidungsreif sind. Spezielle Unterstützungen, wie z.B. eine Schulbegleitung, werden mit ca. 100 Std./Monat bewilligt und durchgeführt.

Die Aufwendungen für Privatschulkosten (betroffen sind 3 Kinder) sind Auswirkungen richterlicher Entscheidungen durch das Verwaltungsgericht in Aachen. In unabweisbaren Fällen werden den Eltern die ihnen entstehenden monatlichen Schulkosten durch das Jugendamt erstattet. Zur Finanzierung der Umsetzung der schulischen Inklusion wurden vom Jugendamt im Schuljahr 2015/2016 insgesamt 229.870,62 € ausgegeben (Schuljahr 2014/2015 123.747,15 €).

Im Rahmen der Eingliederungshilfen werden 20 autistische Kinder durch die Jugendhilfe unterstützt. Autistische Kinder haben einen gesetzlichen Anspruch gegenüber der Jugendhilfe – wenn ihre Teilhabe an der Gesellschaft beeinträchtigt ist- auf eine spezielle Autismus Therapie, freizeitpädagogische Maßnahmen, Schulbegleitung und auf einen Integrationshelfer.

Nicht berücksichtigt sind weiterhin die Fallzahlen

  • der Erziehungsberatungsstelle Alsdorf

(Träger: Verein zur Förderung der Caritasarbeit im Bistum Aachen e.V.)

  • der Fachstelle bei sexueller Gewalt,

bei psychischer und körperlicher Gewalt sowie Vernachlässigung,

der Beratungsstelle für Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikte und

die Aktivitäten im Bereich der Frühen Hilfen „StarteKlar“ in Alsdorf

(Träger: Diakonisches Werk im Kirchenkreis Aachen e.V.),

  • die Beratungen des Sozialmedizinischen Dienstes und des Familienhebammendienstes für Alsdorf

(Träger: Gesundheitsamt der StädteRegion Aachen)

und

  • die zahlreichen Beratungs-und Unterstützungsangebote unter dem Dach von ABBBA e.V.

(Träger: ABBBA e.V., ein Zusammenschluss verschiedener Träger sozialer Dienstleistungen und der Stadt Alsdorf.

ohne Hilfeplanverfahren. Da diese Leistungen pauschal über vertragliche Regelungen finanziert sind (Fördergelder, Städteregionsumlage), finden sie auch bei der Aufstellung der Hilfen zur Erziehung keine Berücksichtigung.

Die Entwicklung der Fallzahlen, Hilfearten und die Kostenentwicklung sind in der Anlage ersichtlich.

Beschlussvorschlag:

Der Jugendhilfeausschuss beschließt:

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht über die Entwicklung und Kosten im Bereich der Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfen für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige zur Kenntnis.

Darstellung der finanziellen Auswirkungen:

Erzieherische Hilfen und Eingliederungshilfen sind Pflichtaufgaben nach dem SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe). Die finanziellen Mittel stehen im Produktbereich 06 – Kinder-, Jugend und Familienhilfe, Produktgruppe 06-03-01 - pädagogische und wirtschaftliche Hilfen für junge Menschen und ihre Familien bereit.

Darstellung der ökologischen und sozialen Auswirkungen:

Diese ergeben sich aus den o. a. Ausführungen.

Anlage/n:

Fall- und Kostenübersicht der Hilfe zur Erziehung

gez.: Sonders

Bürgermeister

Erster Beigeordneter

Technische Beigeordnete

gez.: Hafers

gez.: Schmidt

Kämmerer

Referat Jugend, Schulen und Sport

Kaufmännischer Betriebsleiter ETD

Technischer

Betriebsleiter ETD

Rechnungsprüfungsamt


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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Beratungsfolge

Dienstag, 07. März 2017JHA/WP 17/13. 10. Sitzung des Jugendhilfeausschusses

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Entscheidung
Ausschuß
Jugendhilfeausschuss
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Tagesordnung