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Soziale Dienste - Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und
Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher
hier: Auswirkungen für das Jugendamt der Stadt Alsdorf


Letzte Beratung
Dienstag, 08. Dezember 2015 (öffentlich)
Federführend
3.2 - Jugend
Originaldokument
http://ratsinfo.alsdorf.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=3895

Darstellung der Sach- und Rechtslage:

Einleitung:

Im Zuge der aktuellen Fluchtbewegungen kommen auch immer mehr junge Menschen zu uns, die ohne Begleitung ihrer Eltern sind.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge/unbegleitete ausländische Minderjährige, abgekürzt UmF/UMA, stehen unter dem besonderen Schutz der UN-Kinderrechtskonvention und haben ein Recht auf eine dem Kindeswohl entsprechende Betreuung, Versorgung und Unterbringung.

Unbegleiteter minderjähriger Flüchtling ist jede nicht deutsche Person, die noch nicht 18 Jahr alt ist und die ohne Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nach Deutschland einreist.

Seit dem 1 November 2015 ist das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher in Kraft getreten. Im November 2015 wurde ein Verteilungsverfahren für unbegleitete ausländische Minderjährige in Deutschland eingeführt. Die Neuregelung führt dazu, dass zukünftig alle Jugendämter in NRW UmF in Obhut nehmen und für die weitere jungendhilfegerechte Unterbringung, Versorgung und Betreuung verantwortlich sind.

Von den 186 Jugendämtern in NRW waren bislang nur 7 Jugendämter aufgrund der vorangegangenen Zuständigkeitsregelung für die Inobhutnahme von UmF zuständig (Dortmund ca. 110 UmF, Köln ca. 900 UmF, Aachen ca. 600 UmF). Mit Einführung der gesetzlichen Änderungen sollen diese Jugendämter entlastet werden.

Mit Einführung des Verteilungsschlüssels werden der Stadt Alsdorf voraussichtlich etwa 36 UmF bis Ende Dezember 2015 zugewiesen (Faustformel z. Zt. 1.300 Einwohner = 1 UmF).

Nach derzeitigem Stand werden die bereits in Obhut genommenen UmF auf die eingeführte Quote angerechnet.

Als Zuweisungsstelle ist in NRW das Landesjugendamt in Köln bestimmt worden. Täglich werden von allen Jugendämtern in NRW die erfolgten Inobhutnahmen und weiteren Zuständigkeiten dem Bundesverwaltungsamt per Mail mitgeteilt.

Nach geltendem Recht müssen UmF von dem Jugendamt in Obhut genommen werden, in dessen Stadt die Aufnahme festgestellt wird. Das ergibt sich aus § 42 a SGB VIII-neu in Verbindung mit § 88 a Abs. 1 SGB VIII-neu, wonach das Jugendamt für die Inobhutnahme zuständig ist, in dessen Stadt sich der Minderjährige tatsächlich aufhält. Danach ist das Jugendamt verpflichtet, ein ausländisches Kind/Jugendlichen vorläufig in Obhut zu nehmen, sobald dessen unbegleitete Einreise nach Deutschland erfolgt ist. Insoweit bleiben die bisher besonders belasteten, grenznahen Jugendämter, wie das Stadtjugendamt Aachen und Eschweiler, durch die Verlegung der Bundespolizei weiterhin zuständig für die erste Unterbringung und Versorgung. Das Jugendamt der Stadt Alsdorf wird für alle UmF nach § 42 a SGB VIII-neu zuständig sein, die zunächst in der Erstaufnahmeeinrichtung „Berufskolleg“ aufgenommen werden.

Der neu eingeführte Verteilungsmechanismus sieht anschließend zwei Möglichkeiten vor: Im Rahmen der Inobhutnahme und erfolgter Kindeswohlprüfung kommt das Jugendamt zu dem Ergebnis, dass der junge Mensch durch das Verteilverfahren einem anderen Jugendamt zugewiesen werden kann oder es wird nach der Prüfung festgestellt, dass das Wohl des Kindes durch die weitere Verteilung gefährdet ist. In diesem Fall verbleibt die örtliche Zuständigkeit bis zur Volljährigkeit, oder auch darüber hinaus, beim erstaufnehmenden Jugendamt. In diesem Fall wird aus der vorläufigen Inobhutnahme eine reguläre Inobhutnahme und im Anschluss wird daraus eine Leistungsgewährung im Rahmen von Hilfen zur Erziehung.

Innerhalb von 7 Werktagen teilt das Jugendamt dem Landesjugendamt die Personalien und die Einschätzungsergebnisse mit.

Das Jugendamt der vorläufigen Inobhutnahme hat nach einer Zuweisungsentscheidung sicherzustellen, dass das Kind im Rahmen einer weiteren Verteilung zu seinem neuen Aufenthaltsort begleitet wird. Die Verteilung der jungen Flüchtlinge soll innerhalb von 14 Werktagen erfolgen (§42b SGB VIII-neu).

Grundsätzlich sind die UmF nach den gesetzlichen Vorschriften des Sozialgesetzbuches VIII (SGB VIII) unterzubringen. Aufgrund der hohen Anzahl von Inobhutnahmen sind alle Jugendhilfeträger längst an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt. Momentan werden bestehende Gruppenangebote (Inobhutnahme, Intensiv- und Regelgruppen etc.) durch die Aufnahme von UmF stark überbelegt. Unterbringungsplätze im Rahmen der Jugendhilfe sind kaum noch zu finden.

Ist eine Unterbringung nicht möglich mit der Folge, dass den Minderjährigen Obdachlosigkeit droht, kann auch vorübergehend eine Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften oder anderen Notlösungen erfolgen. Eine pädagogische Betreuung der Minderjährigen ist dabei jedoch zwingend sicherzustellen.

Aktuelle Situation:

Die Stadt Alsdorf wurde -wie andere Städte- aufgefordert, Einrichtungen zur Erstaufnahme für Flüchtlinge zu schaffen und damit einen Betrag zur Bewältigung der aktuellen Notlage zu leisten.

Seit Oktober 2015 wurden im Rahmen der Erstaufnahme 28 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge durch das Jugendamt Alsdorf in Obhut genommen. Acht Jugendliche wurden im Rahmen der Jugendhilfe (SGB VIII) stationär in Aachen untergebracht. Vier Jugendliche sind nach wenigen Tagen untergetaucht und vermutlich weitergezogen. Alle Weiteren leben z.Zt. noch mit pädagogischer Betreuung durch den SKF-Alsdorf in der Turnhalle, bis freie Plätze in der Jugendhilfe gefunden sind. Die Jugendlichen kamen vor allem aus Syrien und Afghanistan. Es handelte sich vorwiegend um männliche Jugendliche im Alter zwischen 12 und 17 Jahren.

Alle zukünftigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die durch das Jugendamt Alsdorf in Obhut genommen werden, müssen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit zunächst in der Turnhalle des Berufskollegs in Alsdorf untergebracht werden. Die Unterbringung in der Sammelunterkunft ist nur ein Übergangsangebot, bis Einrichtungen der Jugendhilfe gefunden sind.

Geplantes Konzept: Inobhutnahme , Erstversorgung und Jugendwohngemeinschaft in Alsdorf

Auf Initiative des Jugendamtes und dem Kooperationspartner SKF- Alsdorf wird zukünftig eine Unterbringung von UmF in Form von betreutem Wohnen in Alsdorf geplant.

1. Insgesamt möchten wir insgesamt ca. 9-15 Plätze zur Erstaufnahme im Rahmen des § 42a SGB VIII-neu für UmF im Alter von 15-18 Jahren schaffen. Die Gruppen/Wohnungen sollen möglichst noch in diesem Jahr eröffnen und bezugsfertig sein.

2. Weiterhin sind Jugendwohngemeinschaften als Anschlussmaßnahme für minderjährige und junge volljährige Flüchtlinge ähnlich dem betreuten Wohnen geplant.

Die zu Betreuenden sollten bereits über ein gewisses Maß an Selbständigkeit verfügen und ihre Lebensführung eigenständig bewältigen können. Voraussetzung zur Aufnahme sind Mitwirkungsbereitschaft, soziale Kompetenz zum Leben in der Gemeinschaft und ein Mindestalter von 15 Jahren.

Wichtiger Grundsatz bei der Zusammenarbeit mit UmF sind die Informationen des weiteren Vorgehens und die Beteiligung des jungen Menschen bei allen Vorgängen und Einschätzungen. Fachkräftemangel, Mangel an Dolmetschern und die knappen Zeitvorgaben werden das Verfahren jedoch erschweren.

Der SKF- Alsdorf stellt geeigneten Wohnraum in Alsdorf für die UmF zur Verfügung. Jugendhilferechtlich wird die Maßnahme nach § 35 SGB VIII (Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung) durchgeführt und vom Jugendamt bewilligt.

Abgerechnet wird die Maßnahme einzelfallbezogen nach einem festen Tagessatz. Grundlage hierfür bildet eine vorher zwischen dem Jugendamt und dem freien Träger abgeschlossene Leistungs- und Entgeltvereinbarung.

Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) des Jugendamtes hat die Aufgabe, die Inobhutnahme vorzunehmen und die Erstversorgung für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge durchzuführen. In der Regel hat der ASD daher den ersten intensiven Kontakt mit den Flüchtlingen.

Nach der Inobhutnahme und Erstaufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge durch den ASD erfolgt die Aufnahme in einer sogenannten „Erstversorgungswohnung“, in der das Clearingverfahren vom freien Träger durchgeführt wird.

3. Die Jugendämter der Städteregion überlegen/planen mit Trägern der freien Jugendhilfe die Schaffung von weiteren Wohnplätzen.

Vorgesehenes Verfahren:

§ 42a SGB VIII-neu § 42 SGB VIII § 27 ff SGB VIII

Erstaufnahme-----------------------------Erstversorgung-------------------------Anschlusshilfe

ASD freier Träger freier Träger

Erstscreening Clearingverfahren Jugendwohnungen §35 SGB VIII

Ambulant betreutes Wohnen

Pflegefamilie

Aufgaben im Erstverfahren/Erstscreening:

  1. Schutz durch Inobhutnahme
  2. Registrierung
  3. Prüfung ob eine Verteilung das Wohl des Kindes gefährdet
  4. Gemeinsame Inobhutnahme von Geschwistern oder anderen Kindern
  5. Einschaltung des Familiengericht
  6. Bestellung eines Vormundes
  7. Medizinische Akutbehandlung/ dadurch keine Verteilung möglich
  8. Alterseinschätzung
  9. Prüfung der Familienzusammenführung (Inland/Ausland)

Im Rahmen der Erstversorgung sollte sichergestellt sein:

  1. Materielle Versorgung ( Schlafplatz, Verpflegung, Kleidung….)
  2. Organisation des Alltags, Steuerung der Freizeitaktivitäten im Rahmen der Aufsichts- und Fürsorgepflicht, Sprachkurs, Schulbesuch
  3. Einzelgespräch zur Ermittlung des erzieherischen Bedarfs und zur Aufklärung der aktuellen Situation
  4. ggf. Klärung eines akuten Hilfebedarfs
  5. Erzieherische Einzelgespräche zur Unterstützung und Orientierung im Alltag
  6. Anmeldung zum Sprachkurs / Schule
  7. Gesundheitsprüfung
  8. Beratung in asyl- und ausländerrechtlichen Fragen

Anschlusshilfe der Kinder- und Jugendhilfe, hier: Leistungen der Wohngemeinschaft:

  1. Gruppengespräche mit den Minderjährigen in Form von gemeinsamen Mahlzeiten und Hausgesprächen
  2. Organisation von Unterstützung durch andere Institutionen, Vereine, Ehrenamtler
  3. Beratung in Asylangelegenheiten, Einleitung des Asylverfahrens
  4. Gruppen- und Freizeitangebote
  5. Schulische / sprachliche Förderung
  6. Vermittlung und Anleitung hinsichtlich einer eigenverantwortlichen Lebensführung
  7. Entwicklung von realistischen Zukunftsperspektiven
  8. Verselbständigung des jungen Menschen

Das Thema Flucht und Zuwanderung wird für die nächsten Monate und Jahre Thema in der Jugendhilfe sein. Es geht in der gesamten Städteregion z.Zt. um die Schaffung von weiteren Plätzen zur Unterbringung von UmF. Es fehlt an verfügbaren Häusern und Fachpersonal sowie ausreichend Zeit, um Betreuungsplätze zu schaffen. Die zu bewältigende Anzahl von Flüchtlingen hat die Qualität bei der Aufnahme bereits abgesenkt. Bei den steigenden Zahlen eine den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen gerechte Unterbringung und Betreuung sicherzustellen, wird alle Jugendämter weiterhin vor eine großen Herausforderung stellen. Die Herausforderung liegt in der Unabsehbarkeit der Zahlen noch ankommender Flüchtlinge und damit einhergehend mit der Planungsunsicherheit für Jugendämter und der Freien Jugendhilfe.

Um diese anspruchsvollen Aufgaben angemessen erfüllen zu können, findet auf kommunaler Ebene eine enge Zusammenarbeit mit den Freien Trägern der Jugendhilfe, der Kooperation „Flüchtlingsarbeit in der Stadt Alsdorf“, den Jugendämtern in der Städteregion Aachen und weiteren Fachbereichen der Stadt Alsdorf statt.

Auswirkungen auf den Haushalt:

Die Aufwendungen für die Inobhutnahmen und anschließenden Hilfen zur Erziehung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sowie die anschließende Hilfe für junge Volljährige sind im Haushalt, Produktbereich 06-03-01, noch nicht berücksichtigt. Die Aufwendungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung werden wegen des Fallzahlenanstiegs in 2015 höher liegen.

Für diese Transferleistungen besteht derzeit ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von etwa 90% gegenüber dem Land/Bund. Nicht umfasst von der Kostenerstattung sind Sach- und Personalkosten, die in den Budgets des Jugendamtes zu Buche schlagen werden. Die Verwaltungskosten des Jugendamtes trägt die Stadt Alsdorf selbst. Auch für die Anschlusshilfen, Hilfen für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII) besteht kein Kostenerstattungsanspruch. Pro stationärer Unterbringung fallen im Jahr durchschnittlich 50.000 € an.

Mit Schreiben vom 03.11.2015 teilt die Landesregierung mit, dass ein Ausführungsgesetz geplant sei, in dem die Kommunen eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 3.100 Euro pro Jahr und pro Fall erhalten sollen. Eine endgültige Entscheidung steht hierzu noch aus.

Beschlussvorschlag:

Der Jugendhilfeausschuss beschließt:

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

Darstellung der finanziellen Auswirkungen:

Die entstehenden Jugendhilfekosten zur Unterbringung, Betreuung und Versorgung werden z. Zt. Vom Land/Bund zu 90 % erstattet. Entstehende Verwaltungskosten können nicht abgerechnet werden. Eine Kostenerstattung im Rahmen der Jugendhilfe ist nur für Minderjährige möglich. Hilfen für junge Volljährige sind nicht refinanzierbar. Es ist zu erwarten, dass sich die Kostenerstattung zeitlich verzögern wird.

Darstellung der ökologischen und sozialen Auswirkungen:

Ergibt sich aufgrund des gesetzlichen Auftrages.

Anlage/n:

Synopse zum Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher.

Bürgermeister

Erster Beigeordneter

Technische Beigeordnete

gez. Spaltner

Dezernent

Kaufmännischer Betriebsleiter ETD

Technischer Betriebsleiter ETD

Kämmerer

Rechnungsprüfungsamt


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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Beratungsfolge

Dienstag, 08. Dezember 2015JHA/WP 17/08. 6. Sitzung des Jugendhilfeausschusses

Art
Entscheidung
Ausschuß
Jugendhilfeausschuss
Entscheidung
geändert beschlossen
Details
Tagesordnung
Auszug