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Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung
ausländischer Kinder und Jugendlicher


Letzte Beratung
Dienstag, 24. November 2015 (öffentlich)
Federführend
Fachbereich 2.1 Jugend
Originaldokument
http://ratsinfo.herzogenrath.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=4771

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis und beauftragt sie, zu diesem Thema regelmäßig zu berichten.

Sachverhalt:

Das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher mit Auswirkungen u. a. auf die Bestimmungen des Sozialgesetzbuches VIII (SGBVIII), das Staatsangehörigkeitsgesetz sowie das Aufenthaltsgesetz ist zum 1.11.2015 in Kraft getreten.

Bis zum Inkrafttreten war es nicht möglich, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einer „neuen Kommune zuzuweisen. Ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling wurde (in der Regel von der Bundespolizei) aufgegriffen und in die Zuständigkeit des örtlich zuständigen Jugendamtes übergeben und danach im Rahmen der Inobhutnahme und später im Rahmen der Hilfe zur Erziehung in eine Jugendhilfeeinrichtung untergebracht.

Die Bestimmungen des SGB VIII (§§ 42 a f) haben sich geändert und eine Zuweisung eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen ist nun möglich.

Die Einreisen unbegleiteter ausländischer Minderjähriger haben sich korrespondierend mit der allgemeinen Flüchtlingsbewegung stark erhöht. Die Problematik der Entwicklung besteht zum einen im Anstieg der absoluten Fallzahlen bundes- und landesweit, aber auch in erster Linie in der Konzentration der erhöhten und derzeit weiter steigenden Einreisezahlen auf wenige Jugendamtsbezirke. Da das für die Einreisenden zuständige Jugendamt nach den bis zum 31. Oktober 2015 geltenden bundesgesetzlichen Regelungen für die Betreuung örtlich zuständig blieb, betreuen sieben Jugendämter in Nordrhein-Westfalen fast 80 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge.

Die Kapazitäten und die Jugendhilfestrukturen der hauptbetroffenen Jugendämter stoßen absehbar an Grenzen oder haben diese bereits erreicht. In einigen Jugendämtern können die Standards des Achten Sozialgesetzbuches für eine jugendhilfegerechte Versorgung und Betreuung kaum noch oder nur eingeschränkt gewährleistet werden. Dies betrifft die Ressourcen der Jugendämter, den Bedarf an Fachkräften, die Unterbringungs- und Einrichtungskapazitäten. Angesichts der derzeit hohen Einreisezahlen und der zu erwartenden weiteren Steigerung kann das Kindeswohl dauerhaft nur durch eine bundes- und landesweite Aufnahmepflicht sichergestellt werden, die eine regionale Verteilung unbegleiteter ausländischer Minderjähriger ermöglicht. In der Folge wurden bundesgesetzlich eine Aufnahmepflicht der Länder geregelt (§ 42c Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (n.F.)) und die Länder ermächtigt, eine landesinterne Verteilung von neu einreisenden unbegleiteten minderjährigen Kindern und Jugendlichen vorzunehmen (§ 42b Absatz 8 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (n.F.)). Zur Umsetzung der veränderten bundesgesetzlichen Regelungen bedarf es eines Ausführungsgesetzes des Landes.

Unbegleitete Minderjährige sind besonders verletzliche Opfer im Zuge von Flucht und Vertreibung. Sie leiden am stärksten unter Gewalt, Hunger, dem Fehlen vertrauter Gemeinschaftsstrukturen, von Bildungschancen und einer Lebensperspektive. Sie sind vor und während ihrer Flucht vielfach physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Zusätzlich sind sie durch die Trennung von Eltern, Geschwistern und Verwandten belastet. Gemäß dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen (UN-Kinderrechtskonvention) haben unbegleitete Minderjährige ein Recht darauf, dem Kindeswohl entsprechend untergebracht, versorgt und betreut zu werden. (Artikel 3, 22 UN-Kinderrechtskonvention). Um ihnen neben dem Recht auf Schutz auch das Recht auf Förderung der Entwicklung zu eröffnen, müssen ihnen Möglichkeiten der sozialen Integration, Bildung, gesellschaftlichen Teilhabe und auch berufliche Perspektiven eröffnet werden. Dies ist die Voraussetzung für gelingende Integration, in der unbegleitete ausländische Minderjährige ihre Potentiale für sich und für die Gesellschaft entfalten können. Das Verfahren zur regionalen Verteilung muss dabei die Spezifik der Zielgruppe als besonders schutzbedürftige Personengruppe berücksichtigen.

Zur Lösung sieht der vorliegende Entwurf des Ausführungsgesetzes (Fünftes Gesetz

zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (5. AG-KJHG) des Landes NRW vor:

1. Die Einführung einer gesetzlichen Aufnahmepflicht der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter) ermöglicht eine am Kindeswohl und dem besonderen Schutzbedürfnis unbegleiteter ausländischer Minderjähriger ausgerichtete Versorgung in Nordrhein-Westfalen.

2. Für die Umsetzung des länderübergreifenden Verfahrens zur Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen sowie zur Umsetzung landesinterner Zuweisungsentscheidungen wird eine Landesstelle bestimmt. Diese Aufgaben nimmt der überörtliche Träger der Jugendhilfe (Landesjugendamt) beim Landschaftsverband Rheinland als Landesstelle für die Verteilung unbegleiteter ausländischer Minderjähriger in Nordrhein-Westfalen(Landesstelle NRW) wahr.

Die Aufnahmequote des Jugendamtes wird auf der Basis des Bevölkerungsanteils eines Jugendamtsbezirkes an der Gesamtbevölkerung in Nordrhein-Westfalen nach dem jeweils aktuellen amtlichen Stand zum 31. Dezember eines Jahres in der vom Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen veröffentlichten Statistik ermittelt. Aktuell sollen die Jugendämter pro 2.500 Einwohner einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling aufnehmen.

3. Wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Zielgruppe wird ein qualifiziertes Verfahren für die erforderlichen Zuweisungsentscheidungen eingeführt.

4. Zur Sicherstellung einer an den Standards des Achten Buches Sozialgesetzbuch ausgerichteten Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Begleitung werden die Jugendämter zur interkommunalen Kooperation angeregt und ermächtigt.

5. Das Land erstattet künftig durch einen pauschalierten Ausgleich auch die bisher nicht erstattungsfähigen Verwaltungskosten der Jugendämter, um am Kindeswohl orientierte Verteilerentscheidungen zu ermöglichen und die Jugendämter bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz mit landesweit vergleichbaren Qualitätsmaßstäben zu unterstützen.

Das Land erstattet den Jugendämtern die Verwaltungskosten auf der Grundlage der zum 30. Juni und 31. Dezember eines Jahres zur Kostenerstattung nach § 89 d Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch angemeldeten Fälle durch eine Pauschale. Die Pauschale beträgt jährlich 3.100 Euro pro aufgenommenen minderjährigen Flüchtling und wird für den Mittelwert der zu den Stichtagen nach Satz 1 gemeldeten Fälle gezahlt. Die Auszahlung dieses Zuschusses an das Jugendamt erfolgt zum 30. April eines Jahres für das vorangegangene Kalenderjahr über die Landesjugendämter.

Die neue Gesetzgebung stellt die Jugendhilfe vor eine große Herausforderung, nicht nur die Jugendhilfe, sondern unsere gesamte Gesellschaft.

r alle unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendliche in der Zuständigkeit des Jugendamtes Herzogenrath ist eine angemessene Unterbringungsmöglichkeit zu suchen. Da dies alle Jugendämter tun müssen, ist es mittlerweile sehr schwierig, stationäre Plätze zu finden.

Seitens des Sozialen Dienstes werden derzeit 3 verschiedene Unterbringungsformen gemeinsam mit freien Trägern geschaffen bzw. ausgebaut

  1. Die Unterbringung in der stationären Jugendhilfe in Regelgruppen oder Clearinggruppen. Das Kinderheim St. Hermann- Josef in Herzogenrath- Merkstein wird eine 5. Gruppe eröffnen.
  2. Die Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten in Gast -bzw. Pflegefamilien.
  3. Die Unterbringung von älteren Jugendlichen in sogenannte betreute Wohnformen d.h. in eigene Wohnung mit gleichzeitiger sozialpädagogischer Betreuung.

Jede Zuweisung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings wird dazu führen, dass das Jugendamt auch eine Regelung der rechtlichen Vertretung veranlassen muss. Die rechtliche Vertretung wird dann durch einen Amtsvormund des Jugendamtes wahrgenommen, was auf jeden Fall zu einer Mehrbelastung in diesem Bereich führen wird.

Die genauen Belastungszahlen für den Bereich des Sozialen Dienst können zum jetzigen Zeitpunkt nicht genannt werden, die weitere Entwicklung der Flüchtlingszahlen und der Zuweisungen müssen abgewartet werden.

Zum jetzigen Zeitpunkt steht fest, dass nicht genügend Unterbringungsmöglichkeiten für diese Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stehen, hier muss die freie und die öffentliche Jugendhilfe gemeinsam nach neuen, kreativen Lösungen suchen.

Die weitere gesamtgesellschaftliche Entwicklung spricht dafür, dass der Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu einem bestimmenden Thema in der Jugendhilfe in den nächsten Jahren werden wird.

Rechtliche Grundlagen:

Die Bestimmungen des SGB VIII sind die Grundlage für die Aufgabenerfüllung des Jugendamtes in diesem Bereich und sind entsprechend angepasst worden.

Das Ausführungsgesetzes (Fünftes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (5. AG-KJHG) des Landes NRW wird nach Verabschiedung konkrete Bestimmungen über das praktische Verfahren enthalten.

Finanzielle Auswirkungen (einschl. Darstellung der Folgekosten Sach- und Personalaufwendungen sowie Folgeerträge):

1. Gesamtkosten

X

Pflichtaufgabe

Freiwillige Aufgabe

Entsprechende Haushaltsmittel sind in Aufwand und Ertrag einzuplanen.

Die Sachkosten für die Unterbringungen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen werden den Kommunen in vollem Umfang erstattet, allerdings müssen diese in Vorleistung treten.

Neben der Erstattung der Jugendhilfekosten will das Land NRW die entstehen Verwaltungskosten der Jugendämter für Hilfeplanung, Vormundschaften und wirtschaftliche Jugendhilfe übernehmen. Dies soll durch eine Verwaltungskostenpauschale erfolgen, die mit 3.100 Euro/Jahr festgesetzt wird und sich nach der Zahl der Fallzuständigkeiten der Jugendämter zu Stichtagen bemisst. Die Gesamthöhe der Kosten für die pauschalierte Erstattung der Verwaltungskosten ist abhängig von der Anzahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die von den Jugendämtern betreut werden.


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Beratungsfolge

Dienstag, 24. November 2015Sitzung des Jugendhilfeausschusses

Art
Anhörung
Ausschuß
Jugendhilfeausschuss
Entscheidung
ungeändert beschlossen
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