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Flüchtlingssituation in der Stadt Herzogenrath;
hier: Sachstandsbericht der Verwaltung und Unterbringungskonzept 2016


Letzte Beratung
Donnerstag, 28. Januar 2016 (öffentlich)
Federführend
Fachbereich 1 Bürgerdienste
Originaldokument
http://ratsinfo.herzogenrath.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=4887

  1. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
  2. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales stimmt dem Unterbringungskonzept 2016 zur Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt Herzogenrath zu.

Sachverhalt:

1. Flüchtlingssituation

Die Verwaltung hat zuletzt zur Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 19.11.2015 über die Flüchtlingssituation berichtet (vgl. V/2015/048-E03).

Im Rückblick auf das Jahr 2015 muss festgestellt werden, dass der Stadt Herzogenrath 378 Personen (Ankünfte 01.01. 31.12.2015) zugewiesen wurden. Davon im Zeitraum 23.11. 23.12.2015 alleine 132 Personen.

Darüber hinaus werden im Stadtgebiet zurzeit im Wege der Amtshilfe zwei Notunterkünfte für Flüchtlinge unterhalten, mit Aufnahmekapazitäten von 200 Personen (Städteregion Aachen) und 150 Personen (Stadt Herzogenrath).

Auf der Grundlage des § 3 Abs. 4 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) wurden die Zuweisungen an die Stadt Herzogenrath im Jahr 2015 um die Anzahl der Aufnahmeplätze der Notunterkünfte reduziert.

Im Ergebnis wurden der Stadt Herzogenrath im Jahr 2015 somit 728 Personen zugewiesen.

Die Entwicklung der Zuweisungszahlen der letzten Jahre kann der nachstehenden Grafik entnommen werden:

728 Personen bedeuten im Umkehrschluss berechnet auf der Grundlage des Königsteiner Schssels eine Flüchtlingszahl von rd. 1.400.000 Menschen für Deutschland im Jahr 2015 bzw. über 290.000 Personen, die im Jahr 2015 in NRW aufgenommen wurden.

Die Stadt Herzogenrath betreut aktuell (Stand 18.01.2016) 494 Flüchtlinge.

Die hohe Zahl der Zuweisungen noch zum Ende des Jahres hat die Verwaltung „überrascht“, insbesondere vor dem Hintergrund der veröffentlichten „offiziellen Zahlen“, nach denen lediglich von einem Zuwanderungsstrom von rd. 950.000 Personen die Rede war, gleichbedeutend lediglich 504 Zuweisungen für die Stadt Herzogenrath.

Die zur letzten Sitzung prognostizierten Aufnahmekapazitäten r 2015 von rd. 60 Plätzen waren entsprechend schnell erschöpft. Zur Vermeidung von Obdachlosigkeit mussten deshalb Unterkünfte „enger“ belegt werden und darüber hinaus Belegungen in Turnhallen vorgenommen werden.

Faktisch standen der Stadt Herzogenrath zum 31.12.2015 keine weiteren Unterbringungskapazitäten zur Verfügung.

Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung ein Konzept für die Unterbringung von Flüchtlingen im Jahr 2016 erarbeitet und die Ratsfraktionen im interfraktionellen Gespräch vom 17.12.2015 entsprechend informiert.

Die Konzeption für die Unterbringung von Flüchtlingen ist abhängig von der Zahl der zu erwartenden Flüchtlinge. Hierbei kann die Verwaltung bedauerlicherweise nicht auf verbindliche und nachvollziehbare Datengrundlagen zurückgreifen.

Auch wenn in den Medien zurzeit der Eindruck vermittelt wird, dass eine Begrenzung der Zuwanderungsströme in naher Zukunft erwartet werden kann, spiegeln die verfügbaren Fakten dies (noch) nicht wieder.

Beispielhaft verweist die Verwaltung deshalb auf Veröffentlichungen in der FAZ vom 13.01.2016 „… immer noch kommen mehr als 3.000 Flüchtlinge pro Tag nach Deutschland…“ oder in der Ausgabe vom 19.01.2016 „… Auch jetzt im Winter herrscht viel Betrieb am Hafen von Athen. Die Zahlen sind zwar im Vergleich zum bisherigen Höchststand im vergangenen Oktober etwas gesunken, doch verglichen mit der derselben Jahreszeit 2015, ist bereits ein neuer Rekord erreicht trotz winterlicher Temperaturen und zum Teil stürmischen Wetters in der Agäis… .

Bei den Planungen geht die Verwaltung deshalb bis auf Weiteres davon aus, dass für 2016 mit rd. 1.000.000 Flüchtlingen gerechnet werden muss.

Auf der Grundlage des sogenannten „nigsteiner Schlüssels“sst sich unmittelbar die Zahl der Zuweisungen für die Stadt Herzogenrath ermitteln:

Flüchtlinge Bund

Anteil Land

Zuweisungen Stadt

300.000

63.660

159

400.000

84.880

212

450.000

95.490

239

500.000

106.100

265

750.000

159.150

398

800.000

169.760

425

1.000.000

212.200

531

1.200.000

254.640

637

Bei angenommen 1 Mio. Flüchtlingen würden somit 531 Flüchtlinge auf Herzogenrath entfallen.

Darüber hinaus ist für die Planungen von Bedeutung, dass die im Stadtgebiet befindlichen Notunterkünfte im Laufe des 1. Halbjahres aufgelöst werden. Mit der Einstellung des Betriebs fallen die vorstehend erwähnten Anrechnungen auf die Zuweisungsquote weg.

Unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 3 FlüAG ist es dabei von Bedeutung, dass die Notunterkünfte mindestens eine Betriebszeit von 4 Monaten aufweisen, da in diesem Fall die Anrechnung nicht unmittelbar, sondern aufgeteilt auf 5 Monate mit jeweils 20 % abgeschmolzen wird. Dies ist vor dem Hintergrund der nachstehend vorgestellten Belegungsplanung von besonderer Bedeutung.

Die städtische Notunterkunft erfüllt bereits jetzt diese Voraussetzungen. Die Notunterkunft der Städteregion sollte bis mindestens Ende Februar betrieben werden.

Im Laufe des Jahres wird sich somit faktisch die Zuweisungszahl nach Wegfall der Notunterkünfte auf 881 Personen erhöhen (531 Personen + 350 Personen aus der Anrechnung der NU). Die Schlüssigkeit dieser Prognose wurde durch die Bezirksregierung Köln bestätigt.

Mit Erlass vom 06.01.2016 hat die Bezirksregierung Köln die Stadt Herzogenrath aufgefordert mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt ein Rückbau der Notunterkunft erfolgen soll. Dabei wurden als mögliche Termine der 31.01., 29.02., 31.03., 30.04.2016 oder später aufgeführt.

Vor dem Hintergrund des zur Herrichtung der Notunterkunft betriebenen Aufwandes hat die Verwaltung in diesem Zusammenhang die Bezirksregierung gebeten, die Notunterkunft bis zum 30.04.2016 zu betreiben. Im gleichen Sinne hat sich die Städteregion Aachen geäert.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Annahmen hat die Verwaltung eine Belegungsplanung erstellt, die als Anlage 1 zur nichtöffentlichen Beratungsvorlage zur Verfügung gestellt wird.

Diese Belegungsplanung weicht hinsichtlich der monatlich zu erwartenden Zahl der Flüchtlinge von der im interfraktionellen Gespräch vom 17.12.2015 prognostizierten Zahl nach unten ab. Die Verwaltung hat dabei unmittelbar berücksichtigt, dass sich die Zahl der Zuweisungen von 30 Personen in den ersten beiden Kalenderwochen auf 7 Personen in der dritten Kalenderwoche reduziert hat. Außerdem wurde das stufenweise Abschmelzen der Anrechnung der Notunterkünfte berücksichtigt.

Unter Berücksichtigung der prognostizierten Zuweisungen sowie der aufgeführten Inbetriebnahme der jeweiligen Unterkünfte wären danach die Unterbringungskapazitäten bis zum Ende des ersten Halbjahres gesichert.

Das Konzept wird in der Sitzung anhand einer PowerPoint Präsentation im nichffentlichen Teil der Sitzung detailliert vorgestellt.

Die mit Dringlichkeitsentscheidung vom 07.12.2015 getroffenen Standortentscheidungen (vgl. V/2015/366) werden durch das „neue“ Konzept nicht aufgehoben. Die Realisierung der Bebauung der Standorte kann im Hinblick auf die Unterbringungsplanung für 2016 nicht rechtzeitig sichergestellt werden.

Die derzeitige Verteilung der Flüchtlinge auf die drei Stadtteile ist der nachstehenden Grafik zu entnehmen:

2. Unterbringungssituation

Entsprechend der gesetzlichen Regelungen im Sinne von § 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz ist die Stadt Herzogenrath verpflichtet, die zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen.

Wie vorstehend ausgeführt sind die Kapazitäten erschöpft. Die Schaffung neuer Unterbringungsmöglichkeiten ist deshalb dringend geboten, um eine Obdachlosigkeit von zugewiesenen Flüchtlingen abzuwenden.

Das Innenministerium hat mit Erlass vom 15.01.2016 klargestellt, dass „… eine zukünftige Dispenserteilung nur noch in Notfällen (wie Bränden) erfolgen kann …“.

Vor diesem Hintergrund wurde am 13.01.2016 die Turnhalle Geilenkirchener Straße 532 als Sammelunterkunft in Betrieb genommen.

Neben dem zu Punkt 1 entwickelten Konzept ist die Verwaltung nach wie vor bemüht, den in Herzogenrath verfügbaren Wohnraum festzustellen und zur Unterbringung von Flüchtlingen geeigneten Wohnraum anzumieten. In diesem Bereich Kapazitäten aufzubauen ist eine Notwendigkeit, um die Unterbringungsbedarfe des laufenden Jahres zu decken.

3. Willkommenskultur

Ungeachtet der schwierigen Umstände ist die Willkommenskultur in der Stadt Herzogenrath nach wie vor äert positiv. Viele Einzelpersonen und zunehmend ebenfalls Institutionen wenden sich an die Verwaltung mit Unterstützungsangeboten. Zahlreiche Personen bieten die Bereitstellung von Bekleidung, Möbeln und sonstigen Hausratgegenständen an. Entsprechende Angebote werden an die in der Stadt etablierten Einrichtungen verwiesen, da die Verwaltung außerstande ist, eine eigene Infrastruktur für Bekleidungs- und Möbelspenden einzurichten.

Bei dem vielfältigen ehrenamtlichen Engagement wird deutlich, dass die Bürgerinnen und Bürger in Herzogenrath nicht nach zugewiesenen Flüchtlingen und Flüchtlingen in den Notunterkünften differenzieren, was aus Sicht der Verwaltung auch richtig ist. Dabei muss aus Sicht der bürgerschaftlich Engagagierten berücksichtigt werden, dass die Menschen in den Notunterkünften nur vorübergehend in Herzogenrath bleiben und deshalb die Hilfsangebote auf Herzogenrath bezogen nicht nachhaltig sein können.

Die Welle der Hilfsbereitschaft kann allerdings nicht ohne Betreuung bzw. Anleitung den Flüchtlingen zugeleitet werden. Hier bedarf es einer entsprechenden qualifizierten Betreuung.

In diesem Zusammenhang hat die Verwaltung ihr Konzept zur Betreuung bürgerschaftlich engagierter Personen zum 01.01.2016 überarbeitet.

Neben der schon bisher hierfür freigestellten“ Vollzeitkraft wird der städtische Ehrenamtsbeauftragte in das Themengebiet einsteigen und insbesondere zu einer Optimierung der organisatorischen Strukturen beitragen. Weiterhin soll er Bindeglied zwischen Verwaltung und Bürgerschaft sein und den Informationsaustausch verbessern.

Darüber hinaus hat Frau Eva Druschke zum 01.01.2016 ihre Tätigkeit als Betreuerin der in der Notunterkunft der Stadt Herzogenrath tätigen bürgerschaftlich Engagierten übernommen.

Frau Druschke ist Diplom Sozialpädagogin und verfügt über einschlägige Erfahrungen in der Arbeit mit Ehrenamtlern. Sie wurde durch den Caritasverband für die Regionen Aachen Stadt und Aachen Land e. V. im Wege einer Kooperationsvereinbarung der Stadt zur Verfügung gestellt. Die anfallenden Kosten werden durch das Land NRW getragen.

4. Soziale Betreuung

Die soziale Beratung und Betreuung der Flüchtlinge erfolgt seit dem 01.11.2015 durch Frau Judith Kuntz (30 Wochenstunden), Evangelische Flüchtlingsberatung, und Herrn Jean Bizimana (19,25 Wochenstunden), Caritasverband für die Regionen Aachen-Stadt und Aachen-Land e.V.

Die Beratungen werden unter der gemeinsamen Bezeichnung „Flüchtlingsberatung in Herzogenrath“ durchgeführt. Neben der aufsuchenden Betreuung werden darüber hinaus Beratungsstunden in Kohlscheid und Merkstein angeboten.

Die personellen Ressourcen reichen allerdings für die Betreuung und Beratung der großen Zahl der Flüchtlinge nicht mehr aus.

5. Kosten

r die Versorgung der (zugewiesenen) Flüchtlinge erhält die Stadt Herzogenrath Zuweisungen, die sich aus Bundes- und Landesmitteln zusammensetzen.

r das Jahr 2015 hatte die Verwaltung zu Beginn des Jahres Zuwendungen in Höhe von rd. 673.000 Euro erwartet. Schlussendlich wurden rd. 2.026.770 Euro gezahlt und das Rechnungsergebnis mit 1.353.770 Euro übertroffen.

Der endgültige Zuwendungsbescheid ist hier am 02.11.2015 eingegangen.

Eine zuverlässige Prognose über die tatsächlich zu erwartenden Zuwendungen ist deshalb leider nicht möglich.

Mit Erlass vom 24.09.2015 hat das MIK NRW über die im Zusammenhang mit der beabsichtigten Neuregelung des FlüAG verbundenen Auswirkungen hinsichtlich der Bundes- und Landeszuweisungen für das Haushaltsjahr 2016 informiert. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „ ...die in der Anlage dargestellten Zuweisungsbeträge für das Jahr 2016 in erheblichem Maße prognostischen Charakter haben...“.

Aufgrund des Erlasses soll die Stadt Herzogenrath für 2016 rd. 3.400.000 Mio. € im Wege von Zuweisungen erhalten.

Ausweislich eines Presseartikels vom 08.12.2015 der Aachener Zeitung im Zusammenhang mit einem Bericht zum Landeshaushalt wird demgegenüber darauf hingewiesen, dass aufgrund einer Verdoppelung der Mittel im Haushaltsplan des Landes für Flüchtlingsarbeit im Jahr 2016 für Herzogenrath rd. 4.800.000 Euro als Zuwendung erwartet werden können.

r verlässliche Zahlen muss insofern der „amtliche“ Zuwendungsbescheid abgewartet werden.

Im Grundsatz steht allerdings fest, dass die städtischen Aufwendungen für die Betreuung und Unterbringung der Flüchtlinge durch Zuwendungen des Bundes und des Landes refinanziert werden. Der effektive Kostendeckungsgrad ist dabei von der Höhe der Zuwendungen abngig.

Rechtliche Grundlagen:

Flüchtlingsaufnahmegesetz; Asylbewerberleistungsgesetz


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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