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Freier Netzzugang durch Freifunk;
Antrag der SPD-Städteregionstagsfraktion vom
[24.11.2015](si010.asp?YY=2015&MM=11&DD=24)


Letzte Beratung
Donnerstag, 17. März 2016 (öffentlich)
Federführend
A 10 - Zentrale Dienste
Originaldokument
http://gremieninfo.staedteregion-aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=7805

Beschlussvorschlag:

Der Städteregionstag trifft folgende Entscheidungen:

1) Er beauftragt die Verwaltung, gemeinsam mit der regio iT gesellschaft für informationstechnologie mbh (regio iT) zu prüfen, ob an/in ausgewählten Standorten oder Räumlichkeiten der Städteregionsverwaltung kostenlose Internetzunge über offene WLAN-Infrastrukturen eingerichtet werden können. Hierbei sind die möglichen Änderungen des Telemediengesetzes (TMG), insbesondere rechtliche Änderungen zur sog. „Störerhaftung“, zu becksichtigen.

2) Er beauftragt die Verwaltung, dem Städteregionsausschuss das Ergebnis der Prüfung wegen der weiteren Vorgehensweise zur Entscheidung vorzulegen.

 

 

Sach-/Rechtslage:

Die SPD-Städteregionstagsfraktion hat mit dem als Anlage 1 beigefügten Schreiben vom 24.11.2015 beantragt, im Städteregionsausschuss am 21.01.2016 (neu: 25.02.2016) und im Städteregionstag am 17.03.2016 nachfolgenden Beschluss zu fassen:

Der Städteregionstag begrüßt die Technologie Freifunk als eine nicht kommerzielle Möglichkeit, unterschiedlichste Bereiche in der StädteRegion Aachen mit kostenlosem W-LAN zu versorgen.

Die Freifunk-Initiativen, die sich die Organisation der Versorgung möglichst weiter Bereiche mit freiem, kostenlosen, zeitlich nicht beschränkten W-LAN zur Aufgabe macht, wird durch die StädteRegion Aachen ideell und finanziell unterstützt.

Neben dieser Unterstützung soll die StädteRegion Bürgerinnen und Bürgern auch in geeigneten Immobilien Freifunk zur Verfügung stellen.

Wo eine Freifunk-Initiative zur Umsetzung einer Freifunk-Strecke auf die Installation an einem städteregionalen Gebäude angewiesen ist, prüft die Städteregionsverwaltung dieses Ansinnen wohlwollend und ist vom Städteregionstag gehalten, dieses Ansinnen unter Wertung der Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Ertrag zu erglichen.“

Die Verwaltung nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Derzeitige WLAN-Verfügbarkeiten in Immobilien der StädteRegion Aachen:

Um kurzfristig den Bedarf decken zu können, wurden in den städteregionalen Notunterkünften für Flüchtlinge zunächst Freifunk-Router eingebaut.

Darüber hinaus nutzt die StädteRegion Aachen in zahlreichen Schulen über die regio iT WLAN; diese Zugänge sind aber so konfiguriert, dass sie nicht offen, sondern auf die namentlich bekannten Lehrer und Schüler beschränkt sind.

Nach einem vergleichbaren Mechanismus funktioniert das WLAN u. a. für die politische Vertretung in den Sitzungsräumen am Standort Zollernstraße.

Rechtliche Grundlagen

Das Ziel der (Bürger-)Initiative „Freifunk“ ist der Aufbau drahtloser Datennetze (WLAN). Diese und vergleichbare Initiativen sind z. T. rechtlich unterschiedlich organisiert; in der Regel gründet sich lokal eine sog. „Community“. Mittlerweile hat sich auch für die Region Aachen eine Freifunk-Community gebildet, die dem Freifunk Rheinland e.V. angeschlossen ist. Hierbei stellen Privatpersonen und Institutionen einen Internetzugang und/oder einen speziellen, freifunkfähigen WLAN-Router zur Verfügung. Technisch benötigt nicht jeder WLAN-Router einen eigenen Internetzugang, da diese Router in der Lage sind, sich untereinander zu vernetzen, sofern die Funkreichweite hierfür ausreicht.

Die Beschaffung und Konfiguration eines freifunkfähigen WLAN-Routers muss entweder durch den Bereitsteller selber erfolgen oder er bedient sich der Community. In einer Community finden sich in der Regel auch lokale IT-Händler/-Dienstleister, die diese Arbeiten ggf. gegen Kostenerstattung übernehmen.

Der Landtag NRW hat sich mit Beschluss vom 16.06.2015 (Drucksache 16/8970) für den Ausbau des WLAN-Netzes unter Nutzung von Freifunk-Initiativen ausgesprochen.

Der in Deutschland angewandte Rechtsgrundsatz der Störerhaftung besagt u.a., dass z. B. bei Verstößen gegen das Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht etc. auch der Eigentümer des frei zur Verfügung gestellten Internetzugangs für Rechtsverletzungen Dritter also des konkreten Nutzers zur Rechenschaft gezogen werden kann. Hintergrund ist, dass der konkrete Nutzer in einem offenen und somit anonymen WLAN in der Regel nicht ermittelt werden kann und daher rechtlich ein Rückgriff auf denjenigen ermöglicht wird, der den Internetzugang bereitgestellt hat.

Durch das TMG in der derzeit geltenden Fassung sind sog. „Provider“ weitgehend von dieser Haftung befreit. Allerdings fallen unter dieses Providerprivileg meist nur klassische, gewerbliche Provider, also insbesondere die bekannten Telekommunikationsanbieter. Bei Privatpersonen, Hotels etc. besteht weiterhin eine Rechtsunsicherheit.

Viele Freifunk-Initiativen haben daher den Datenverkehr „getunnelt“ zunächst ins Europäische Ausland geleitet, um den deutschen Haftungsregeln und somit der deutschen Rechtsprechung auszuweichen. Nach der Tendenz der aktuellen Rechtsprechung auf Basis des TMG in der derzeit geltenden Fassung scheint das Providerprivileg zunehmend auch auf Freifunk-Initiativen Anwendung zu finden.

Das TMG soll überarbeitet werden, ein entsprechender Referentenentwurf liegt mittlerweile vor. Ziel ist u. a., das o. a. Privileg für Provider bei Haftungsfragen zu konkretisieren.

Der Referentenentwurf sieht in § 8 Abs. 4 vor, dass sog. „Diensteanbieter“ wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers nicht auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn sie zumutbare Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch den Nutzer zu verhindern. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Diensteanbieter

  1. angemessene Sicherungsmaßnahmen gegen den unberechtigten Zugriff auf das lokale Netzwerk ergriffen hat (z. B. durch Verschlüsselungsmechanismen, Anmeldung des Nutzers o. ä.)

und

  1. Zugang zum Internet nur dem Nutzer gewährt, der erklärt hat, im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen (z. B. indem der Nutzer auf einer vorgeschalteten Webseite eine entsprechende Nutzungsbedingung per Haken setzen akzeptiert).

Der Begriff des Diensteanbieters wäre nach dem Referentenentwurf nicht mehr an eine Rechtsform gebunden. Somit würden auch private Betreiber von Schadenersatzansprüchen und strafrechtlicher Verfolgung mit Ausnahme des o. a. Unterlassungsanspruches freigestellt; allerdings stellen die hierfür zu ergreifenden „zumutbaren Maßnahmen“ eine erhebliche Erweiterung der bisherigen Rechtslage dar.

Der Bundesrat hat daher in seiner Stellungnahme vom 06.11.2015 (Drucksache 440/15) darauf hingewiesen, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe „zumutbare Maßnahmen“ und „angemessene Sicherungsmaßnahmen“ keine Rechtsklarheit schaffen. Er hat eine Überarbeitung empfohlen. Eine Änderung des TMG wurde allerdings bis zum heutigen Zeitpunkt nicht beschlossen.

Nach Kenntnisstand der Verwaltung ist der technische Aufbau eines Freifunknetzes derzeit so, dass die nach § 8 Abs. 4 des Referentenentwurfes zur Änderung des TMG zu ergreifenden „zumutbaren Maßnahmen“ etc. von Freifunk nicht gewährleistet werden nnen und somit das Haftungsprivileg für Freifunk entfallen würde. Je nach neuer Rechtslage müssten nach Inkrafttreten des geänderten TMG die Freifunk-Router ggf. abgeschaltet werden, sofern die städteregionalen Notunterkünfte für Flüchtlinge zu diesem Zeitpunkt noch in Betrieb sein sollten.

Die Verwaltung empfiehlt daher aufgrund der unklaren Rechtslage, zumindest derzeit keine Freifunk-Router in städteregionalen Immobilien in Betrieb zu nehmen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer Entscheidung für Freifunk unter Vergabegesichtspunkten möglicherweise auch weitere freie und kommerzielle Anbieter einen Anspruch auf Zugang geltend machen könnten.

Weitere Vorgehensweise

Durch den starken Zuwachs an Smartphones, Tablets etc., die die Nutzung immer größerer Datenmengen per Mobilfunk erlauben, hat sich in den letzten Jahren ein wachsender mobiler Zugang zu Internetinhalten entwickelt. Die Verwaltung geht aber davon aus, dass es absehbar zunächst bei einer Koexistenz der verschiedenen Zugangsarten bleiben wird.

Auch gibt es insbesondere in städtischen Gebieten bereits einen hohen Durchdringungsgrad an privaten Internetanschlüssen. Mit Bezug auf das Thema Breitbandausbau in der StädteRegion Aachen (s. SitzungsvorlagenNr. 2016/0025) bedarf allerdings insbesondere der Breitbandausbau im ländlichen Raum und außerhalb kommerziell interessanter Innenstadtbereiche einer gezielten öffentlichen Förderung, weil hier marktwirtschaftlich kaum Investitionsanreize bestehen. Kostenfreies WLAN z. B. durch gemeinnützige WLAN-Bürgernetze - kann somit eine zusätzliche Lösung darstellen, touristische und wirtschaftliche Mehrwerte zu erzielen und die digitale Spaltung der Gesellschaft zu verhindern.

Die Förderung des Aufbaus und Betriebs von Internetzugängen und auch (freien) WLAN-Netzen liegt sowohl im Interesse der Wirtschaftsförderung als auch der Verwaltung als Anbieterin von eGovernment-Dienstleistungen. WLAN-Infrastrukturen mit barrierefreien, einfachen Zugängen zu Informationen sind grundsätzlich unterstützungswürdig, weil sie das Gemeinwohl mehren.

Sofern aufgrund einer Anfrage einer städteregionalen Kommune eine Immobilie der StädteRegion Aachen für einen WLAN-Router ohne eigenen Internetzugang mitgenutzt werden soll, wird die StädteRegion Aachen dies ggf. gegen Kostenerstattung ermöglichen. Darüber hinaus sieht die Verwaltung allerdings mit Blick auf die jeweilige örtliche Lage grundsätzlich bei keiner städteregionalen Immobilie touristische oder wirtschaftliche Mehrwerte.

Die StädteRegion Aachen bietet im Unterschied zu den Kommunen nur wenige Dienstleistungen an, die mit umfassendem Besuch durch Bürger/innen einhergehen. Allerdings sieht die Verwaltung durchaus den Bedarf, Wartebereiche einzelner Organisationseinheiten zeitnah mit WLAN mit möglichst einfachem Zugang auszustatten. Hierunter würden zunächst insbesondere das Straßenverkehrsamt und das Ausländeramt fallen. Letzteres ist in einem Gebäude der Stadt Aachen untergebracht. Die Verwaltung strebt daher für das Ausländeramt eine Kooperation mit der Stadt Aachen an, sofern diese auch die Wartebereiche des ebenfalls dort untergebrachten städtischen Bürgerservices mit WLAN ausstatten möchte.

r weitere Standorte, zunächst den des Straßenverkehrsamtes, beabsichtigt die Verwaltung, gemeinsam mit der regio iT im Wege eines Inhouse-Geschäftes und ggf. unter Beteiligung eines als Provider zugelassenen Diensteanbieters eine Lösung zu schaffen, die sowohl jetzt als auch in Zukunft den rechtlichen Anforderungen genügt. Die Verwaltung strebt dabei mit Blick auf die IT-Neustrukturierung eine Lösung an, die vollumfänglich - auch im Störungsfall - von einem Dienstleister betrieben wird und somit möglicherweise Kosten verursacht; für den Nutzer bliebe die Lösung allerdings kostenfrei.

r den Standort Zollernstraße sieht die Verwaltung keinen Bedarf, ein offenes WLAN einzurichten. Die Erfahrung zeigt z. B., dass Bürger/innen in der Regel nicht im Foyer verweilen. Darüber hinaus rät die Verwaltung nach Rücksprache mit regio iT von einem weiteren WLAN am Standort Zollernstraße ab, da es zu gegenseitigen Störungen mit dem bereits vorhandenen WLAN, das insbesondere von der politischen Vertretung genutzt wird, kommen kann. Eine Garantie für den ordnungsgemäßen Betrieb der bestehenden WLAN-Infrastruktur kann von regio iT nicht abgegeben werden.

Die Verwaltung wird im Ausschuss für Personal und Informationstechnik weiter berichten und dem Städteregionsausschuss einen abschließenden Beschlussvorschlag unterbreiten.

 

 

Personelle Auswirkungen:

Keine

Finanzielle/bilanzielle Auswirkungen:

Die finanziellen Auswirkungen können noch nicht beziffert werden. Unabhängig von der umzusetzenden Lösung sind z. B. separate Interzugänge (DSL) in unbekannter Menge zu beauftragen, da eine Mitnutzung des Internetzugangs der Verwaltung über die regio iT auch aus Gründen der IT-Sicherheit und des Datenschutzes nicht möglich wäre.

In Vertretung:

gez.: Hartmann

 

 

Anlage:

Antrag der SPD-Städteregionstagsfraktion vom 24.11.2015


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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Beratungsfolge

Donnerstag, 17. März 2016Sitzung des Städteregionstages

Art
Entscheidung
Ausschuß
Städteregionstag
Entscheidung
zur Kenntnis genommen
Details
Tagesordnung
Auszug

Donnerstag, 25. Februar 2016Sitzung des Städteregionsausschusses

Art
Vorberatung
Ausschuß
Städteregionsausschuss
Entscheidung
zur Kenntnis genommen
Details
Tagesordnung
Auszug