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Aufbau eines Notfallhelfersystems - Sachstandsbericht


Letzte Beratung
Donnerstag, 12. Oktober 2017 (öffentlich)
Federführend
A 38 - Amt für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz
Originaldokument
http://gremieninfo.staedteregion-aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=8682

Beschlussvorschlag:

Der Städteregionsausschuss nimmt den Sachstandsbericht zum Aufbau eines Notfallhelfersystems zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung die entsprechende App einzuführen. Die voraussichtlichen Kosten für die Anschaffung in Höhe von rund 45.000 € sowie die Servicekosten von jährlich 10.000 € sind im Rahmen der Beschlussfassung über den Haushalt 2018 zusätzlich zu berücksichtigen.

 

 

Sach- und Rechtslage:

Die StädteRegion Aachen ist als Trägerin des Rettungsdienstes gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (Rettungsgesetz NRW RettG NRW) verpflichtet, die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung einschließlich der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst und des Krankentransportes sicherzustellen.

Zur Durchführung der Notfallrettung werden die in § 3 RettG NRW aufgeführten Rettungsmittel eingesetzt.

Die professionelle Hilfe der am Rettungsdienst Beteiligten stößt trotz intensiver Behungen bei vital bedrohten Patienten an ihre Grenzen.

Bei einem Herzstillstand kann es bereits nach 3 5 Minuten zu irreparablen Schädigungen des Gehirns kommen. Sofortige Hilfsmaßnahmen durch einen qualifizierten Ersthelfer und damit eine Verkürzung des therapiefreien Intervalls sind daher für den Patienten von großer Bedeutung zur Erhöhung seiner Überlebenschancen und Reduzierung möglicher Folgeschäden.

Gemäß Runderlass des Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie vom 06.04.2005 III 8 0710.2 Empfehlungen des Landesfachbeirates für den Rettungsdienst zur Einbindung von Einrichtungen der organisierten Ersten Hilfe (Notfallhelfer-Systeme) in Nordrhein-Westfalen“ kommen mit der Aufgabe, qualifizierte Erstmaßnahmen bei Notfallpatientinnen oder patienten bis zum Eintreffen des organisierten öffentlichen Rettungsdienstes am Notfallort durchzuführen, Kräfte zum Einsatz, die Angehörige einer Feuerwehr oder Hilfsorganisation sind.

In diesem Runderlass ist auch bestimmt, dass rechtliche Grundlage der Aufgabenwahrnehmung bei den Hilfsorganisationen die jeweiligen Satzungen sind und Feuerwehren Notfallhelfer-Einsätze nach entsprechender Entscheidung ihres kommunalen Trägers als zusätzliche freiwillige Aufgabe außerhalb des (damaligen) Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung übernehmen.

Als Einsatzindikationen sind festgelegt:

- Medizinischer Notfall (schwere Verletzung oder akute Erkrankung), bei dem von einer Bedrohung bzw. einem Ausfall der Vitalfunktionen oder schweren sonstigen körperlichen Beeinträchtigungen bei einem oder mehreren Patienten auszugehen ist, und

- nach Feststellung der Leitstelle ist davon auszugehen, dass ein Notfallhelfer voraussichtlich frühzeitiger am Notfallort eintreffen wird als Kräfte der Notfallrettung des primär zuständigen organisierten Rettungsdienstes.

Im Übrigen kann das Notfallhelfer-System bei einem Massenanfall von Verletzten und Erkrankten ergänzend alarmiert werden.

Die Notfallhelfer müssen laut vorgenanntem Runderlass folgende Qualifikationen aufweisen:

- Mindestalter 17 Jahre und

- geistige, körperliche sowie gesundheitliche Eignung zur Aufgabenerfüllung sowie

- Nachweis einer 50 Unterrichtseinheiten (UE) einschließlich Prüfung umfassenden Ausbildung zum Notfallhelfer.

Darüber hinaus haben Notfallhelfer jährlich an einer mindestens 8-stündigen aufgabenbezogenen Fortbildung teilzunehmen und dies nachzuweisen.

tigkeitsbereiche von Notfallhelfern sind insbesondere:

- Erste Hilfe an schwer Verletzten oder akut Erkrankten mit Hilfsmitteln und betreuende Maßnahmen,

- erweiterte Maßnahmen nach Ausbildungsstand und Ausrüstung,

- personelle Unterstützung des rettungsdienstlichen Personals nach dessen Eintreffen am Notfallort oder bei größeren Schadensereignissen.

Daneben können Notfallhelfer auch organisatorische Maßnahmen durchführen:

- Absicherung des Notfallortes,

- Abgabe einer qualifizierten Rückmeldung über Art und Umfang des Notfallereignisses an die Leitstelle,

- Einweisung der Rettungsmittel zum Notfallort.

Auf der Grundlage dieser Bestimmungen arbeitet die StädteRegion Aachen bereits seit längerer Zeit am Aufbau eines solchen Notfallhelfer-Systems, um das therapiefreie Intervall bis zum Eintreffen des öffentlichen Rettungsdienstes zu verkürzen. Im Vordergrund steht hierbei zunächst die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung einiger Ortslagen der Gemeinde Simmerath im Rurtal. Die dortigen topografischen Gegebenheiten erschweren die Anfahrt der Rettungsmittel durch weite Fahr- und starke Gefällstrecken sowie kurvenreiche Straßenführung mit engen Haarnadelkurven.

Mit Vorlage 2010/0322 wurde dem Ausschuss für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz in seiner Sitzung vom 16.09.2010 berichtet, dass die Verwaltung - unter Berücksichtigung der vorgenannten rechtlichen Anforderungen -zur Rekrutierung ehrenamtlicher Notfallhelfer mit den ansässigen Hilfsorganisationen, dem THW, der Feuerwehr und der Gemeinde Simmerath in Kontakt getreten ist.

Die Alarmierung der Notfallhelfer sollte per Handyanruf und SMS durch die Leitstelle erfolgen. Als materielle Ausstattung sollte den Ersthelfern eine Erste-Hilfe-Ausrüstung zur Verfügung gestellt werden.

Zum damaligen Zeitpunkt waren versicherungsrechtliche Fragen noch in der Klärung.

Regelungen zur Sicherstellung eines Haftpflicht- und Unfallversicherungsschutzes wurden zwischenzeitlich getroffen. Allerdings gab es bis vor kurzem keine gute technische Lösung, die sicherstellte, dass nur ein Ersthelfer, und zwar der, der sich in unmittelbarer Nähe zum Einsatzort befindet, entsandt wird. Ferner konnte die Bearbeitung der Thematik durch das Fachamt aufgrund der sehr angespannten Aufgaben- und Personalsituation nur sukzessive erfolgen.

Die Implementierung der Verkehrskadetten Aachen als „Helfer vor Ort“ in der StädteRegion Aachen wurde aufgrund eines Antrages der CDU-Städteregionstagsfraktion und der Städtregionstagsfraktion „ndnis 90/DIE GRÜNEN“ vom 13.03.2013 von der Verwaltung geprüft. Der Ausschuss für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz wurde mit den Vorlagen 2013/0151, 2013/0151-E1, 2013/0151-E2 und 2016/0213 in den Sitzungen vom 12.03.2013, 11.09.2013 und 01.06.2016 informiert.

Zur Abklärung letzter noch offener Fragen fand am 10.05.2016 ein Gespräch zwischen Herrn Günter, Verkehrskadetten Aachen, und der Verwaltung statt. Im Rahmen des Gespräches wurde allerdings nicht abschließend geklärt, ob alle in Frage kommenden Verkehrskadetten die Grundvoraussetzungen des oben erwähnten Runderlasses erfüllen. Sofern diese Voraussetzungen nachgewiesen werden, ist das Fachamt nach wie vor gewillt, die Verkehrskadetten ebenfalls an einem Notfallhelfersystem zu beteiligen.

In dem Gespräch wurde vereinbart, die Einbindung der Verkehrskadetten durch eine entsprechende Verfahrensanweisung gegenüber der Leitstelle zu realisieren. Ein entsprechender Entwurf wurde erstellt und den Verantwortlichen der Leitstelle als Diskussionsgrundlage zur Verfügung gestellt. In dem Gespräch mit der Leitung der Leitstelle hat sich jedoch herausgestellt, dass die Einbindung eines Notfallhelfersystems nur auf Basis einer Verfahrensanweisung ohne damit einhergehende technische Anbindung an das Einsatzleitsystem für die Leitstelle nicht praktikabel und damit nicht umsetzbar ist.

Vielmehr hat die Leitung der Leitstelle in diesem Gespräch die technischen Voraussetzungen für die Etablierung eines Notfallhelfersystems festgelegt. Demnach kann eine Einbindung erfolgen, wenn die Identifizierung eines möglichen Notfallhelfers im Einsatzfall, die Rückmeldung zur Übernahme des Einsatzes durch den Notfallhelfer sowie die Übertragung der einsatzrelevanten Daten durch ein System erfolgt, welches durch eine Schnittstelle mit dem Einsatzleitrechner der Leitstelle verbunden ist. Aufgrund der Komplexität der Thematik werden nach wie vor seitens der StädteRegion Aachen derzeit verschiedene geeignete Systeme geprüft. Hierzu wurde bereits mit Vorlage 2017/0080 berichtet.

Auf dem Markt werden verschiedene Smartphone-basierte Alarmierungssysteme für Ersthelfer angeboten.

Die Stadt Aachen setzt das CORHELP3R-Sytem der Firma Esser GmbH seit Mai 2017 im Pilotprojekt ein.

In einem mit der Leitung Leistelle am 18.04.2017 stattgefundenen Gespräch konnte das Projekt in der Theorie besprochen werden. Ein Austausch bezüglich der während des nunmehr praktizierten Echteinsatzes gewonnenen Erfahrungen ist seitens der StädteRegion Aachen beabsichtigt.

Ferner informiert sich die Verwaltung eingehend über das Alarmierungssystem „Mobile Retter“.

Mobile Retter“ wurde initiiert durch den leitenden Notarzt und Ingenieur Dr. Ralf Stroop aus Halle/Westf. und entwickelt vom gemeinnützigen Mobile Retter e.V. in Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister medgineering GmbH und wurde zunächst im Kreis Gütersloh getestet. Es wird bereits seit 2013 betrieben und ist derzeit aktiv in Gütersloh (NRW), Germersheim (Rheinland-Pfalz), Unna (NRW), Ingolstadt (Bayern), Emsland/Grafschaft Bentheim (Niedersachsen) und ist in Kleve (NRW) und Osnabrück (Niedersachsen) im Aufbau.

Auch das Forschungsprojekt „Automatisiertes Helferangebot bei Großschadensereignissen“ (AHA) wird von der Verwaltung eingehend betrachtet.

Ziel des in diesem Jahr auslaufenden Forschungsprojektes „Automatisiertes Helferangebot bei Großschadensereignissen“ (AHA) des Instituts für Feuerwehr- und Rettungstechnologie der Feuerwehr Dortmund ist es, über eine Smartphone-App für die Einsatzleitstelle - über die Nutzung zusätzlicher personeller Ressourcen bei rein medizinischen Notfällen hinausgehend auch zusätzliche Helfer sowie technisches Gerät bei Großschadensereignissen aus dem Kreis der Bevölkerung verfügbar zu machen. Projektpartner sind Hochschule Ruhr West; Campus Bottrop (Koordinator); die Stadt Dortmund; CKS Systeme GmbH, Meppen; Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV NRW), Duisburg sowie die Universität Duisburg Essen. Assoziierte Partner sind der Deutsche Feuerwehrverband e.V., Berlin; der Verband der Feuerwehren in NRW e.V., Düsseldorf; die Klinikum Westfalen GmbH, Dortmund und der Verband Wohneigentum NRW e.V., Dortmund.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes AHA erfolgt eine intensive rechtliche Begleitung und Beurteilung durch die FHöV NRW mit Blick auf die wichtigen Aspekte:

- Rechtsstatus und Absicherung der zu registrierenden Helfer,

- Rechtssicherheit für die handelnde Behörde (Sicherheit bzgl. des Qualifikationsnachweises bzw. der Qualifikationsprüfung der freiwilligen Helfer, Organisations- und Fortbildungsaspekte),

- Rechtssicherheit für den Disponenten in der Leitstelle.

Bis zum Abschluss der Erprobung der Projektergebnisse und der daran anschließenden Entscheidung, in welcher Form das System in den Regelbetrieb überführt werden kann, beobachtet die Feuerwehr Dortmund die weiteren Entwicklungen der „Mobilen Retter“ aktiv und bemüht sich auch um einen Dialog mit den Entwicklern und Anwendern.

Die StädteRegion Aachen beabsichtigt, die im Rahmen dieses Projektes gewonnenen Erkenntnisse in ihre Entscheidungsfindung mit einzubeziehen.

Der verantwortliche Projektleiter bei der Feuerwehr Dortmund hat seine Bereitschaft erklärt, den für den Rettungsdienst in der StädteRegion Aachen Verantwortlichen die bisherigen Zwischenergebnisse des Projektes AHA im 4. Quartal vorzustellen. Eine entsprechende terminliche Abstimmung erfolgt in Kürze.

Besonderer Klärungsbedarf besteht aus Sicht der Verwaltung zu der Frage einer möglichen Kompatibilität verschiedener Smartphone-basierter Alarmierungssysteme innerhalb einer Leitstelle sowie zu Fragen der Rechtssicherheit und des Datenschutzes.

Diese Thematik ist für den Fall, dass sich die StädteRegion Aachen für ein anderes System als die Stadt Aachen entscheidet, von großer Bedeutung.

Die Verwaltung wird über die abschließende Einschätzung bezüglich des Alarmierungssystems und die weitere Entwicklung des Notfallhelfersystems berichten.

 

 

Personelle Auswirkungen:

Die Einführung des Notfallhelfersystems incl. der erforderlichen Prüfung eines geeigneten Alarmierungssystems wird durch das vorhandene Personal durchgeführt.

Finanzielle/bilanzielle Auswirkungen:

Die Kosten für ein geeignetes Alarmierungssystem werden voraussichtlich rund 45.000 € betragen. Hinzu kommen jährliche Servicekosten in Höhe von ca. 10.000 €. Die Kosten sind im Haushaltsentwurf 2018 noch nicht berücksichtigt.

Bei den durch die Einführung des Notfallhelfersystems incl. des Alarmierungssystems entstehenden Kosten handelt es sich nicht um betriebsbedingte Kosten des Rettungsdienstes. Daher fließen diese auch nicht in die Kostenrechnung (Gebührenkalkulation und Betriebskostenabrechnung) für den Rettungsdienst ein. Diese Kosten sind aus dem städteregionalen Haushalt zu tragen.

Im Auftrag

gez. Jansen


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Beratungsfolge

Donnerstag, 12. Oktober 2017Sitzung des Städteregionsausschusses

Art
Entscheidung
Ausschuß
Städteregionsausschuss

Mittwoch, 27. September 2017Sitzung des Ausschusses für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz

Art
Vorberatung
Ausschuß
Ausschuss für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz
Details
Tagesordnung