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Notfallschutzplanung in der Umgebung kerntechnischer Anlagen - Bericht zu den
im Katastrophenschutz getroffenen Maßnahmen in den Jahren 2016 bis 2018


Letzte Beratung
Mittwoch, 13. Juni 2018 (öffentlich)
Federführend
A 38 - Amt für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz
Originaldokument
http://gremieninfo.staedteregion-aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=9143

Sach- und Rechtslage:

Mit Vorlagen 2011/0489, 2014/0316, 2015/0282, 2016/0051, 2016/0311, 2016/0489, 2016/0504, 2016/0504-E1, 2017/0083, 2017/0268 sowie 2018/0037 informierte die Verwaltung über die geltenden Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen und die auf dieser Grundlage erlassenen Entscheidungen des Ministeriums des Innern des Landes NRW (MIK) sowie die in der Region Aachen bisher getroffenen Maßnahmen.

Die Verwaltung legt hiermit einen abschließenden Detailbericht zu den in den Jahren 2016 bis 2018 im Zusammenhang mit Bevölkerungschutz für den Fall einer Freisetzung aus einer kerntechnischen Anlage getroffenen Maßnahmen vor:

- Information der Bevölkerung

- Vorverteilung von Kaliumiodidtabletten an die Bevölkerung

- Information von Schulleitern, Trägervereinen von Kindertagesstätten und sonstigen Multiplikatoren zum Thema Tihange

- Dislozierung von Kaliumiodid an die städteregionsangehörigen Kommunen (mit Ausnahme der Stadt Aachen)

Einleitung

Am 23.05.2016 fand ein erstes Treffen der Kreise Heinsberg, Düren und Euskirchen sowie der Stadt und der StädteRegion Aachen zu verwaltungsseitig zu treffenden Maßnahmen statt. Es wurde eine regionale Koordinierungsgruppe gegründet, die ihrerseits wieder Arbeitsgruppen für die Bereiche Information der Bevölkerung, die Vorabverteilung von Jodtabletten und die Verteilung von Jodtabletten im Ereignisfall ins Leben rief. Als Produkte aus diesen drei Arbeitsgruppen wurden eine Informationsbroschüre für die Bevölkerung, ein Musterkonzept für die Vorabverteilung sowie ein Musterkonzept für die Verteilung von Jodtabletten im Ereignisfall vereinbart. Das seinerzeitige Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW (MIK) wurde beteiligt, hier erfolgte am 06.06.2016 eine erste Rückmeldung über die Bezirksregierung Köln mit dem Tenor, dass das MIK ergänzenden Konzepten zu einer Verteilung im Ereignisfall gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen gegenübersteht. Die StädteRegion Aachen beteiligte sich mit S 13 und A 38 an den Arbeitsgruppen.

Der Aufgabenumfang, der sich r die StädteRegion hieraus ergab, umfasste:

- Die Erstellung einer Informationsbroschüre und präsentation für die Bevölkerung

- Die Erstellung eines Musterkonzeptes für die Vorabverteilung von Jodtabletten sowie Vorverteilung von Jodtabletten an die Bevölkerung im eigenen Bereich und die Unterstützung eines regionsweiten Gesamtvorganges hierzu

- Die Beurteilung einer Beschaffung von Feinstaubfiltermasken für unter 12-jährige Menschen

- Die Information von Schulleitungen, Trägern von Kindertagesstätten sowie Multiplikatoren in Politik und Wirtschaft in Hinblick auf das Risikopotential eines kerntechnischen Unfalles

- Die Vordislozierung von Jodtabletten an die Kommunen für eine Ereignisfallverteilung einschließlich der Erstellung eines Musterkonzeptes

- Die besondere Ansprechbarkeit in diesem Thema für die Bevölkerung

Information der Bevölkerung

Eine umfassende Information der Bevölkerung bestand in der Region Aachen bislang nicht. Hier wurde, auch aufgrund der stark ansteigenden Anzahl von Bürgeranfragen, ein großer Bedarf gesehen.

Es wurde folglich unter Federführung des Kreises Euskirchen, im Zeitraum vom 20.07.2016 bis 10.10.2016 eine Informationsbroschüre erstellt, die nach Überarbeitung auf der EUREGIO Wirtschaftsschau am 21.03.2017 von den HVBen vorgestellt wurde. Von dieser Broschüre wurden 10.000 Stück in erster Auflage gedruckt, die in der Auslage bei den Kommunen und Dienststellen der StädteRegion, im Rahmen der Bevölkerungsinformation auf Veranstaltungen sowie interessiertenrgern präsentiert wurde.

In Ergänzung zu dieser Broschüre erstellte die Verwaltung eine Standardpräsentation für MS Powerpoint, die den Hauptverwaltungsbeamtenr Schulungszwecke zur Verfügung gestellt und auch im eigenen Bereich vielfach erfolgreich eingesetzt wurde.

Vorverteilung von Kaliumiodidtabletten an die Bevölkerung

Aus der Überlegung heraus, dass bereits in die Bevölkerung vorverteilte Jodtabletten im Ereignisfall die Arbeitslast von Verteilstellen reduzieren würden, wurde durch Stadt und StädteRegion Aachen mit Zustimmung des MIK eine Vorverteilung von Jodtabletten geplant. Die Tabletten hierzu stellte das Land NRW zur Verfügung, die Verteilung in die Einwohnerschaft der Region sollte mit eigenen Mitteln geschehen. Hierzu wurde in verschiedenen Vorlagen bereits berichtet.

Die Arbeitsgruppe ‚Vorverteilung hatte folgende Aufgaben:

- Koordination und inhaltliche Füllung von Pressekampagnen und Informationen über Internet und die sozialen Medien zum Thema Vorverteilung

- Erstellung eines digitalen Workflows und dessen Umsetzung in ein Onlineverfahren durch die regio iT, mittels dessen der Einwohner einen Bezugsschein für den Erhalt von Tablettenblistern anfordern konnte

- Schulung von Mitarbeitern der Einwohnermeldeämter zur Begleitung dieses Verfahrens, besonders in Hinblick auf die Klärung von Tatbeständen wie Meldesperre und unrichtigen Angaben

- Findung eines Verteil- und Rücklieferungsmechanismus unter Beteiligung von Apothekengroßhandel und regionalen Apotheken sowie die vertragliche Gestaltung der Zusammenarbeit, auch und besonders in Hinsicht auf die Vergütung und Abrechnung geleisteter Arbeiten

- Erstellung von Informationsmaterial, das zusammen mit den Tablettenblistern in den Apotheken ausgegeben wurde und unter anderem Einnahmemaßgaben und ein Verfallsdatum enthielt.

Es konnten 292 Apotheken in der Region für die Verteilung der Jodtabletten gewonnen werden, die Belieferung erfolgte über die Firma Otto Geilenkirchen. Als Verteilzeitraum wurde der 01.09.2018 bis 30.11.2018 vereinbart. Die Zusammenarbeit mit dem Großhandel und den Apotheken gestaltete sich im Verteilzeitraum reibungslos; es ging lediglich im Kreis Düren ein Karton mit 500 Blistern verloren. Vereinzelt kam es im Verteilzeitraum zu technischen und fachlichen Rückfragen der Apotheken, die alle zügig beantwortet wurden.

Gestellte Anträge im Zeitraum 01.09.-30.11.2017:

In dem genannten Zeitraum wurden über das Onlineverfahren der regioit sowie über ein parallel laufendes papiergebundenes Antragsverfahren und die hilfsweise Vorsprache in den Einwohnermeldeämtern in den Kommunen des Altkreises Aachen folgende Antragszahlen verzeichnet:

KommuneAnzahl der AnträgeAnzahl der Personen

Alsdorf20905011

Baesweiler13993403

Eschweiler24985983

Herzogenrath26296077

Monschau 5991511

Roetgen 5431419

Simmerath 7941941

Stolberg24395629

rselen22615328

_____________________________________________________________

Summe 15252 36302

Die Gesamtzahl der bezugsberechtigten Personen betrug 160.439 Einwohner, der Erreichungsgrad lag also bei 22,63 %. Es wurden jedoch nicht alle Anträge erfolgreich abgeschlossen oder jeder zugeteilte Bezugsschein eingelöst. Durchschnittlich waren 2,83 Einwohner je Antrag bezugsberechtigt. Da in der Abrechnung mit den Apotheken aber nur die Anzahl der Blister erfasst wurde, ist auch hieraus kein belastbarer Rückschluss auf die Personenzahl möglich. Die personenbezogenen Daten, die mit dem Verfahren zusammenhingen, wurden zum 01.05.2018, wie dies im Verfahren bereits angekündigt war, aus Datenschutzgründen sämtlich gelöscht.

Das Onlineverfahren war begleitet von einer hohen Anzahl von Bürgernachfragen. Alleine für den ersten Werktag im Vorverteilungszeitraum wurden bei A 38 für den Altkreis Aachen über 120 Anrufe sowie mehr als 40 Emails verzeichnet. Dieser Ansturm hielt über die ersten 14 Tage unvermindert an, um dann gegen Mitte des Monats September abzuflauen. Zum Ende des Vorverteilungszeitraumes hin stiegen die Zahlen wieder signifikant an, im Tagesmittel wurden in diesem Zeitraum ca. 25 Anrufe und 20 Emails durch A 38 beantwortet. Diese Anzahl umfasst nicht die Anrufe bei den Einwohnermeldeämtern.

Die Kommunikation mit den Einwohnern und anderen Interessierten gestaltete sich zeitaufwändig, aber inhaltlich unproblematisch. Es ist abschließend festzustellen, dass dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung getragen und bei jedem einzelnen Anrufer das Gefühl der Informiertheit und damit auch die sachliche Wahrnehmung des Themenkomplexes gesteigert werden konnte.

In den Einwohnermeldeämtern wurden für den Zeitraum der Vorverteilung ca. 25 speziell für das Verfahren Jodsoft geschulte Mitarbeiter eingesetzt, die etwa 10 % der Anträge manuell nachbearbeiten und freigeben sowie ca. 4% (ca. 610 in Summe) ausdrucken und versenden mussten. Auch hier kam es zu Rücksprachen mit dem A 38, da im Einzelfall Maßnahmen abgestimmt wurden oder das System nochmals erklärt werden musste.

Die Zusammenarbeit mit den Einwohnermeldeämtern war insgesamt unproblematisch und positiv. Auch das Feedback seitens der Kommunen hierzu war positiv, abgesehen von der Tatsache, dass das Verfahren sehr kurzfristig geplant und beschult wurde.

Abschlussarbeiten im Amt 38:

Nach Abschluss des Verfahrens Jodsoft und der Verteilung in den Apotheken bis zum 02.12.2017 war seitens A 38 die Rücknahme und Zählung der Bezugsscheine aller fünf beteiligten Hauptverwaltungsbeamten zu bewältigen. Wichtig war dies, weil die zu zahlenden Beträge blisterscharf auf die entsprechenden HVBen aufgeteilt werden mussten. Es wurden also alle Abrechnungsbögen der Apotheken (292 Apotheken in der Region Aachen) aus den Kreisen Düren, Heinsberg und Euskirchen sowie der Stadt und der StädteRegion nach der Anzahl der Bezugsscheine ausgewertet, wobei jeder einzelne Bezugsschein geprüft werden musste. In diesem Zeitraum kam es zu häufigen Rücksprachen mit den Apotheken wegen noch fehlender Nachweise und / oder Tabletten. Zeitgleich erfolgten die Rücknahme der nicht verteilten Tabletten und Beipackzettel / Flyer aus dem Großhandel, die Zählung nach Apotheken und die Weiterverteilung der Tabletten (nach Charge sortiert) an die Gebietskörperschaften. In dieser Zeit wurden 18 Europaletten mit Material umgeschlagen und neu gepackt. Verpackungsmaterial musste hierfür beschafft und kommissioniert sowie Mehrweggefäße an den Großhandel zurückgegeben werden. Diese Arbeiten wurden mit zwei Mitarbeitern vorgenommen.

Kosten des Projektes (ohne eigene Personalkosten!):

In Bezug auf das Verfahren Jodsoft und die Ausgabe von Tabletten sind folgende Kosten zu verzeichnen:

Apothekenabrechnung:10.541,70

Abrechnung Großhandel: 445,06 €

Jodsoft Verfahren:30.818,23 € (Entwicklung und Betrieb)

Verpackungsmaterial: 553,35 €

__________________________________________

Summe:42.358,34 €

Übrige Tabletten

Die aus dem Großhandel zurückgelieferten Jodtabletten wurden nach Gebietskörperschaften aufgeteilt und an diese zurückgeliefert. Der Anteil der StädteRegion Aachen (83 Kartons á 500 Blister) wurden der Reserve für den Ereignisfall zugeführt.

Information von Schulleitern, Trägervereinen von Kindertagesstätten und sonstigen Multiplikatoren zum Thema Tihange

Im Zusammenhang mit dem Themenkomplex ‚Tihange wurden 20 Informationsveranstaltungen durch A 38 vorbereitet und gehalten, um dem gesteigerten öffentlichen Interesse Rechnung zu tragen.

Insgesamt konnten ca. 640 Teilnehmer informiert werden. Das Feedback zu diesen Veranstaltungen war durchweg positiv. Vereinzelt werden solche Termine auch weiterhin nachgefragt. Der Effekt, der sich hiermit besonders bei Betreibern von kritischer Infrastruktur (KRITIS) und den eigenen Ämtern erreichen lässt, ist hoch. Schließlich werden nur gut informierte Mitarbeiter im Ereignisfall auch für ihre Dienstleistung uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Hier besteht noch weiterer Handlungsbedarf in Hinblick auf weitere KRITIS-Betriebe. Hier liegt das Augenmerk besonders auf Krankenhäuser, Betreuungseinrichtungen und Strom-/Wasserversorger. Es ist notwendig, durch weitere sachliche Aufklärung die KRITIS weiter zu entwickeln.

Eine Informationsvermittlung bis hin auf die Ebene des individuellen Einwohners wird aus personellen und zeitlichen Gründen nicht möglich sein. Denkbar wäre jedoch (gemeinsam mit Aktionen zur Stärkung des Ehrenamtes) eine Vermittlung grundlegender Informationen in Schulen oder auf Veranstaltungen der Hilfsorganisationen so ist zum Beispiel eine Information zum Thema Tihange in die Notärztefortbildung der StädteRegion für 2018 aufgenommen.

Dislozierung von Kaliumiodid an die städteregionsangehörigen Kommunen (mit Ausnahme der Stadt Aachen)r den Ereignisfall

Anlässlich der Sitzung der Ordnungsdezernenten am 21.12.2015 wurde beschlossen, die bei der StädteRegion Aachen zentral gelagerten Tabletten zur Kaliumiodidprophylaxe für den Fall einer Freisetzung von radioaktivem Jod 131 aus kerntechnischen Anlagen, die vom Bund zur Verfügung gestellt wurden, auf die Kommunen zu dislozieren, um eine schnellere Verteilung zu ermöglichen.

In der Sitzung des Arbeitskreises Kritische Infrastuktur (AK KRITIS) vom 15.01.2016 wurden die kommunalen Kontingente verteilt (Siehe Anlage 3 zur Sitzungsvorlage 2016/0504-E1). Dieser Verteilung liegen, ebenso wie für die Vorabverteilung, die Einwohnerzahlen des Zensus 2011 in der Fassung vom 31.12.2013 zugrunde.

In 2017 wurden diese Tabletten beprobt und aufgrund teilweise nicht mehr sicherer Teilbarkeit der Tabletten durch neue Chargen aus einer Beschaffung des Landes ausgetauscht. Inklusive der 83 Kartons aus der abgeschlossenen Vorverteilung befinden sich jetzt zuzüglich zu den an die Kommunen ausgelieferten Kontingenten noch 117 Kartons als Reserve im Amt 38. Die Dislozierung und chargenmäßige Aufteilung wurde dem Ministerium für Inneres NRW wunschgemäß gemeldet. Eine weitere Beprobung wird vermutlich im Fünfjahresturnus stattfinden.

Die Verwaltung bittet um Kenntnisnahme

Im Auftrag:

gez. Jansen


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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Beratungsfolge

Mittwoch, 13. Juni 2018Sitzung des Ausschusses für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz

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Kenntnisnahme
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Ausschuss für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz
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