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Forschungsarbeit Arisierung jüdischen Grundeigentums in Aachen
Ratsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 13.06.2018


Letzte Beratung
Donnerstag, 11. Oktober 2018 (öffentlich)
Federführend
Kulturbetrieb
Originaldokument
http://ratsinfo.aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=18972

Erläuterungen:

Die wissenschaftliche Forschung zu den in Aachen durchgeführten sog. Arisierungen während der Zeit des Nationalsozialismus hat sich in den letzten Jahren vornehmlich Firmenarisierungen in der Aachener Textilindustrie gewidmet, getragen vom Engagement Einzelner und von der Ausrichtung der Lehrstühle, bei denen überhaupt Dissertationen zu diesem Themenkomplex bearbeitet werden.

So untersucht Andreas Lorenz in seiner Publikation Der blinde Fleck[1] von 2016 die jüdischen Tuchfabrikantenfamilien und die sog. Arisierungen ihrer Firmen. Am Lehrstuhl für Wirtschafts-, Sozial- und Technologiegeschichte der RWTH erforscht die dortige Doktorandin Lena Knops aktuell die Arisierungen in der Aachener Tuchindustrie[2] und die mit ihnen verbundenen sog. Wiedergutmachungsverfahren.

Die in der hier behandelten Ratsanfrage angesprochenen sog. Grundstücksarisierungen sind für Aachen bislang unerforscht, auch ist über die Rolle der Stadt in diesem Prozess nichts bekannt.

Für andere Städte wie u. a. Krefeld[3] oder Mannheim[4] liegen solche Arbeiten bereits vor. Diese umfangreichen Überblicksstudien beleuchten auch die Rolle der Städte bei den sog. Arisierungen. Der Sammelband „Arisierung“ und „Wiedergutmachung“ in deutschen Städten[5] enthält Lokalstudien und lässt damit Besonderheiten der sog. Arisierungen auf kommunaler Ebene sichtbar werden.

Solch grundlegende Studien fehlen für Aachen bislang.

Die Aufarbeitung des im Ratsantrag formulierten Themas „Arisierung jüdischen Grundeigentums in Aachen“, die eine aufwendige Quellenforschung, auch in auswärtigen Archiven, erfordert, kann nur von geeigneten Wissenschaftlern bzw. Wissenschaftlerinnen geleistet werden, die diesen Auftrag als Vollzeit-Projektauftrag übernehmen oder ihre Promotion über dieses Thema anfertigen. Zeitaufwendige Quellenforschungen in diversen auswärtigen Archiven (Landesarchiv NRW; Wiedergutmachungsbehörde teils in Düsseldorf, teils in Duisburg; Akten der Reichsfinanzverwaltung beim Bundesarchiv; Archiv der Jewish Trust Corporation in Jerusalem; Grundakten beim Amtsgericht usw.) wie natürlich auch in den Beständen des Stadtarchivs Aachen wären hierzu notwendig.

Der hohe Zeitaufwand bei Quellenforschungen erfordert eine Anlage eines solchen Forschungsprojektes auf 24 Monate. Die Wissenschaftlerin/der Wissenschaftler, die/der die Forschungen durchführt, sollte mindestens über einen Masterabschluss eines einschlägigen Studiengangs (Geschichte mit Schwerpunkt Neuzeit; alternativ: Wirtschaftsgeschichte) verfügen. Die Anstellung der Wissenschaftlerin bzw. des Wissenschaftlers sollte, um eine unabhängige Forschung auch nach außen hin transparent darstellbar zu machen, über die kooperierende Hochschule bzw. Universität erfolgen.

Die Bezahlung sollte sich an den Personalmittelsätzen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) orientieren.[6] Eine Wissenschaftlerin/ein Wissenschaftler aus der Kategorie „Doktorand/Doktorandin oder Vergleichbare“ mit universitärem Diplom oder Masterabschluss (ab E 13, Stufe 2) wird von der DFG mit

Personalkosten von 64.500 Euro pro Jahr angesetzt. Beim hier vorgeschlagenen zweijährigen Forschungsprojekt entspricht das Personalkosten von insg. ca. 129.000 Euro.

– Hinzu kämen Reisekosten und Kosten für Reproduktionen/Scans in Höhe von ca. 10.000 Euro sowie

– Kosten für eine adäquate Publikation der Ergebnisse von ca. 15.000 Euro.

Die Projektkosten wären somit in einer Gesamthöhe von mindestens 154.000 Euro zu kalkulieren.

Hinzu würden ggf. Kosten für eine eventuell gewünschte Ausstellung kommen.

Im Wirtschaftsplan des Kulturbetriebes sind entsprechende Mittel für Forschungsprojekte bisher nicht vorgesehen. Zuschüsse zu Personal- und Reisekosten können voraussichtlich, wenn überhaupt, nur in sehr geringem Umfang eingeworben werden. Eine Aufteilung des Forschungsprojektes in mehrere Teilprojekte ist unwirtschaftlich, da dann diverse Quellen mehrfach gesichtet werden müssten.

Aus diesen Gründen schlägt die Verwaltung vor, das Thema als Promotionsthema mit entsprechenden Instituten bestimmter Hochschulen und Universitäten zu besprechen. Vor allem mit der RWTH Aachen wird eine enge Zusammenarbeit angestrebt.

Sollten die Gespräche ergebnislos verlaufen, so müssen Mittel in Höhe 154.000 Euro, für den Wirtschaftsplan des Kulturbetriebes zusätzlich zur Verfügung gestellt werden.

[1] Vergleiche Andreas Lorenz, Der blinde Fleck – Aachens jüdisches Tuchfabrikantentum von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis zu seiner Vernichtung im Jahre 1938, Aachen 2016.

[2] Vgl. hierzu auch den Aufsatz von Silke Fengler, „Arisierungen“ in der Aachener Tuchindustrie, in: Geschichte im Westen, 19. Jg (2004), S. 149-176.

[3] Vgl. Claudia Flümann, „… doch nicht bei uns in Krefeld!“ – Arisierung, Enteignung, Wiedergutmachung in der Samt- und Seidenstadt 1933 bis 1963, Essen 2015 (Krefelder Studien; 15).

[4] Vgl. Christiane Fritsche, Ausgeplündert, zurückerstattet und entschädigt. Arisierung und Wiedergutmachung in Mannheim, Ubstadt-Weiher 2013 (Sonderveröffentlichung des Stadtarchivs Mannheim; 39).

[5] Vgl. Christiane Fritsche, Johannes Paulmann (Hrsg.), „Arisierung und „Wiedergutmachung“ in deutschen Städten, Köln u.a. 2014.

[6] Online abrufbar unter: www.dfg.de/formulare/60_12/60_12_de.pdf, Zugriff am 6.9.2018.

 

 

Beschlussvorschlag:

Der Betriebsausschuss Kultur nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

 

Anlage/n:

Ratsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 13.06.2018



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Donnerstag, 11. Oktober 2018öffentliche/nichtöffentlicher Sitzung des Betriebsausschusses Kultur

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