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Bereitstellung kostenloser Damen Hygieneartikel


Letzte Beratung
Donnerstag, 23. Juni 2022 (öffentlich)
Federführend
FB 56 - Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration
Originaldokument
http://ratsinfo.aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=25386

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie nimmt die Ausführungen zur Bereitstellung kostenloser Damen-Hygieneartikel zur Kenntnis und beschließt die Verwaltung mit der Ausarbeitung eines einjährigen Modellprojektes zu beauftragen, dessen Ziel es ist, zunächst die öffentlich zugänglichen Toiletten in den publikumsintensiven Verwaltungsgebäuden Hackländerstraße und Johannes-Paul-II.-Straße sowie eine weiterführende Schule mit entsprechenden Spenderautoamten auszustatten. Das Projekt soll begleitend evaluiert werden. Dabei wird das Verbrauchsverhalten dokumentiert und eine qualitative Befragung in der beteiligten Schule unter den Nutzer*innen durchgeführt.

Das einjährige Modellprojekt samt aller anfallenden Kosten soll bis Ende des Jahres durch den Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration gemeinsam mit dem Fachbereich Kinder, Jugend und Schule und dem Gebäudemanagement der Stadt Aachen konkretisiert ausgearbeitet und dem Ausschuss zur Entscheidung vorlegt werden.


 

 

Erläuterungen:

Am 06.01.2021 beantragte die Fraktion ‚Die Zukunft‘ die Verwaltung mit einer Konzepterstellung für einen angemessenen sowie freien und einfachen Zugang zu Menstruationsprodukten. In Abstimmung mit den Fachbereichen Immobilienmanagement, Kinder, Jugend und Schule und dem Gebäudemanagement hat der Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration die Machbarkeit und die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung der Produkte eruiert.

  1. Ausgangslage

Die Diskussion rund um das Thema kostenfreier Menstruationsprodukte wird im angelsächsischem Raum unter dem Stichwort „period poverty“ (übersetzt: Periodenarmut) geführt. Gemeint ist damit, dass es auch in unseren westlichen Gesellschaften Frauen und Mädchen gibt, die sich Menstruationsprodukte nicht leisten können oder für die diese Produkte eine hohe finanzielle Belastung in ihren monatlichen Haushaltsbudgets darstellen. Im besonderen Fokus stehen dabei z.B. wohnungslose Personen und Personen mit geringen Haushaltseinkommen und Leistungsbeziehende.

So sieht beispielsweise der Regelsatz des ALG II einen Posten für Gesundheits- und Pflegeartikel pro Monat mit 17,02 € vor, mit dem Artikel für die persönliche Hygiene, Körperpflege und Sauberkeit finanziert werden sollen. Nicht unterschieden wird hierbei zwischen Mann und Frau. Die monatlich anfallenden Mehrbedarfe für die Menstruationsprodukte und eventuell zusätzlich erforderlichen Schmerzmittel, bleiben dabei unberücksichtigt. Auch wenn es unterschiedliche Schätzungen dazu gibt, wie hoch die anfallenden Kosten sind (dies kann individuell sehr unterschiedlich ausfallen), so bewegen sich die meisten Schätzungen im Bereich von 10 bis 15 €/Monat. Produkte, die beispielsweise aufgrund ihrer Wiederverwendbarkeit langfristig günstiger wären (z.B. Menstruationstassen) sind gerade für die Zielgruppen der wohnungslosen Frauen oder junger Frauen aufgrund der hygienischen Anforderungen (regelmäßige, sehr hygienische Reinigung) eher ungeeignet.

Neben den finanziellen Aspekten kommen insbesondere junge Mädchen (z.B. im schulischen Alltag) beim Eintreten der ersten Blutungen in Situationen, in denen sie Zugang zu Menstruationsprodukten benötigen.

Die Folge der oben beschriebenen Situationen ist, dass Frauen und Mädchen während der Blutungen mitunter zu Utensilien (Stoffreste, Klopapier u.ä.) greifen, deren Verwendung schnell zu weitergehenden hygienischen und gesundheitlichen Problemen führen kann. Da in unserer Gesellschaft ein offener, schamfreier Umgang mit dem Thema Menstruation und entsprechender Hygienenotwendigkeiten eher eine Seltenheit ist, trauen sich viele Mädchen und Frauen nicht, vorhandene Problemlagen (mangelnde Ausstattung mit Hygieneartikeln) offen anzusprechen. Dort, wo finanzielle Probleme noch hinzukommen, wird mitunter auch aufgrund einer armutsbedingten Scham aus Verlegenheit geschwiegen.

  1. Handlungsansätze

In zahlreichen anderen Ländern wie Schottland, Neuseeland und Frankreich sind frei verfügbare Hygieneartikel für Frauen im öffentlichen Raum mittlerweile zur Normalität geworden. Das Aufstellen von Automaten, in denen kostenlose Hygiene-Artikel verfügbar sind, soll dabei mehrere Funktionen erfüllen. Zum einen ermöglichen sie Frauen und Mädchen mit finanziellen Problemen den zuverlässigen Zugang zu geeigneten Produkten und tragen zur finanziellen Entlastung bei. Daneben können sie in Situationen Abhilfe schaffen, in denen das Eintreten der Blutungen z.B. von der Regelmäßigkeit abweichend erfolgt. Positiv beurteilt wird auch, dass durch die Aufstellung solcher Automaten im öffentlichen Raum (auch in Schulen) das Thema mehr in den Alltag integriert wird und damit zur Enttabuisierung der Thematik beiträgt.

Die Modelle anderer Länder sind insgesamt unterschiedlich. In Schottland wurden in einem ersten Schritt Schulen und Hochschulen ausgestattet, ehe öffentliche Einrichtungen folgten. In Frankreich entschloss man sich dazu, im Zuge eines Corona-Entlastungspaktes für Studierende, den Studentinnen den kostenlosen Zugang zu Hygieneartikeln (an Automaten in Wohnheimen und Universitätsgebäuden) zu ermöglichen. In Deutschland folgen zunehmend mehr Städte den in anderen Ländern praktizierten Modellen. So stattet Dresden alle öffentlichen Toiletten und Schulen mit solchen Hygieneartikel-Automaten aus. Die Stadt Hamm folgt diesem Modell in Form eines Pilotprojektes, welches begleitend die Nutzung evaluiert. Dafür erfolgte die Aufstellung von vandalismussicheren Spendern für Damenbinden und Tampons, die eine kontrollierte Ausgabe ermöglichen. Karlsruhe wiederum startete an nur einer Schule und einer Behörde einen Modellversuch.

  1. Möglicher Handlungsansatz für Aachen

Insgesamt befinden sich nahezu alle Projekte noch in der Evaluationsphase. Nach Informationen der bisher aktiven Kommunen lässt sich der reale Preisrahmen für den Ausstattungsaufwand noch nicht exakt bestimmen, da die Nutzungsintensitäten nicht genau prognostiziert werden können. Diese kann auch innerhalb einer Stadt je nach Aufstellungsort der Automaten sehr unterschiedlich sein. Die Preise für Automaten, damit verbundene Serviceleistungen und Befüllungsinhalte variieren.

Vor dem Hintergrund, dass sich viele Projekte derzeit noch in der Erprobungsphase befinden, wird empfohlen auch in Aachen zunächst mit einem modellhaften Charakter zu starten. Es gibt allerdings noch einige Hürden, die im Anschluss einer Entscheidung für ein Modellprojekt in dieser Form zu prüfen sind. Einerseits fehlt häufig in öffentlichen Toiletten der Platz für zusätzliche Spender; der vorhandene Platz ist i.d.R. bereits optimiert genutzt. Andererseits erhöht die Anforderung, die Spender vandalismussicher vornehmen zu müssen, den Raumbedarf zusätzlich. Spendersysteme sind zudem teilweise noch nicht ausgereift und kostenintensiv, weshalb eine flächendeckende Ausstattung zunächst einmal nicht empfohlen wird.

Würde man diese rein baulichen Bedenken einmal ausblenden, kämen die Schwierigkeiten des täglichen Betriebs hinzu. Ungeachtet der zu klärenden Mehrkosten, die in der Beschaffung, Bevorratung und der regelmäßigen Bestückung lägen, besteht mit Blick auf die Benutzung der WC-Anlagen durch Drogenabhängige und nicht wohlmeinende Bürger*innen das Risiko, dass die Artikel bei freier Verfügbarkeit dann in großen Mengen entnommen, zweckentfremdet oder einfach als Müll unbenutzt in den Toilettenanlagen landen.

Zusammenfassend wird es als sinnvoll erachtet, in einem Modellprojekt zunächst die öffentlich zugänglichen Toiletten in den publikumsintensiven Verwaltungsgebäuden Hackländerstraße und Johannes-Paul-II.-Straße sowie eine weiterführende Schule mit Automaten für kostenfreie Hygieneartikel auszustatten. Begleitend zu der Aufstellung der Spender können dabei nicht nur die Nutzungsintensität durch Verbrauchszahlen erfasst werden, sondern die Aufstellung auch qualitativ begleitend evaluiert werden (z.B. durch Befragung bei Aufstellung und nach Erprobungszeitraum). Bei allen Projekten hat sich bisher auch als wichtig erwiesen, die Aufstellung der Automaten durch eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit und Information zu begleiten.

Der Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration, das Gebäudemanagement der Stadt Aachen sowie der Fachbereich Kinder Jugend und Schule werden bis Ende des Jahres ein einjähriges Modellprojekt samt aller anfallenden Kosten konkretisiert ausarbeiten und dem Ausschuss zur Entscheidung vorlegen.


 

 

Finanzielle Auswirkungen

JA

NEIN

x

Investive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Folge-kosten (alt)

Folge-kosten (neu)

Ertrag

0

0

0

0

0

0

Personal-/

Sachaufwand

0

0

0

0

0

0

Abschreibungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden


Klimarelevanz

Bedeutung der Maßnahme für den Klimaschutz/Bedeutung der Maßnahme für die

Klimafolgenanpassung (in den freien Feldern ankreuzen)

Zur Relevanz der Maßnahme für den Klimaschutz

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

Der Effekt auf die CO2-Emissionen ist:

gering

mittel

groß

nicht ermittelbar

x

Zur Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

Größenordnung der Effekte

Wenn quantitative Auswirkungen ermittelbar sind, sind die Felder entsprechend anzukreuzen.

Die CO2-Einsparung durch die Maßnahme ist (bei positiven Maßnahmen):

gering

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

80 t bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

Die Erhöhung der CO2-Emissionen durch die Maßnahme ist (bei negativen Maßnahmen):

gering

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

80 bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

Eine Kompensation der zusätzlich entstehenden CO2-Emissionen erfolgt:

vollständig

überwiegend (50% - 99%)

teilweise (1% - 49 %)

nicht

nicht bekannt


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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