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Aufstellung einer Grün- und Gestaltungssatzung für die Stadt Würselen gem. §
89 Abs. 1 Nr. 5 BauO NRW


Letzte Beratung
Donnerstag, 09. Februar 2023 (öffentlich)
Federführend
Amt 61 Planungsamt
Originaldokument
http://ratsinfo.wuerselen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=6307

Der Ausschuss für Umwelt, Stadtentwicklung und Mobilität nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung mit Ausarbeitung einer Grün- und Gestaltungssatzung gem. § 89 (1) Nr. 5 BauO NRW

gez.: Nießen, 27.01.2023gez.: von Hoegen, 30.09.2022

BürgermeisterTechn. Beigeordneter

gez.: Strotkötter, 08.08.2022gez.: Schierp, 06.09.2022

Erster BeigeordneterAmtsleiterin A 61

gez.: Püll, 08.08.2022

Sachbearbeiterin

 

 

Darstellung des Vorgangs:

Seit einigen Jahren bereits sind die sogenannten „Schottergärten“, die anstatt einer bepflanzten oder zumindest mit Rasen begrünten Gebäudevorfläche angelegt werden, nicht nur vielen Bürgerinnen und Bürgern und den politisch Verantwortlichen ein Dorn im Auge, sondern vor allem auch Vertreterinnen und Vertreter der Naturschutzverbände und Klimaschutzbeauftragte bitten Verwaltungen endlich zu handeln und vehement gegen die Steinwüsten vorzugehen. Die Forderung lautet meist, Schottergärten möglichst per Satzung zu verbieten, um die negativen Auswirkungen auf die Klein- und Kleinstlebewesen und das Mikroklima zu verhindern.

Die Verwaltung hat in der Sitzung des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss am 27.06.2019 mit einer Beschlussvorlage (VO/19/0208) auf den Antrag der Fraktionen von SPD und FDP im Rat der Stadt Würselen vom 29.04.2019 zum Verbot von Steinvorgärten reagiert. Es wurde einstimmig beschlossen, die in der Vorlage erläuterten Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen, um die Anlage von pflanzfreien Kiesflächen und versiegelten Steinvorgärten einzudämmen oder gar zu verhindern.

Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Maßnahmen die Verwaltung bereits durchgeführt bzw. begonnen hat, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und welche weitergehenden Maßnahmen sie vorschlägt, um langfristig die weitere Entstehung versiegelter oder verschotterter Flächen zu verhindern. Des Weiteren wird die Möglichkeit zur Förderung einer ökologischen Gestaltung von Flachdächern, Fassaden und Parkflächen und den Rückbau von Schotterflächen aufgezeigt.

Öffentlichkeitsarbeit:

Gemeinsam mit den Nordkreiskommunen Alsdorf, Baesweiler und Herzogenrath wurde in 2021 ein Vorgartenwettbewerb durchgeführt, mit einer intensiven Berichterstattung auf der Homepage und in den Medien sowohl vor als auch während und nach dem Wettbewerb (gemeinsame Preisverleihung und Ausstellung in allen vier Rathäusern). Um auch das Engagement von Menschen ohne Eigentum mit Vorgarten zu berücksichtigen, wurde in diesem Jahr ein Folgewettbewerb für die schönsten Balkone und Terrassen im Nordkreis ausgelobt. Auch hier wurde und wird noch auf den städtischen Homepages berichtet und auch die Zeitungen und sogar der Radiosender 100,5 hat das Thema aufgegriffen. Zum Abschluss des Wettbewerbs wird es wieder eine gemeinsame Preisverleihung geben, bei der jede der vier Nordkreiskommunen ihre drei Gewinnerinnen und Gewinner vorstellt. Auch in diesem Jahr bietet sich eine anschließende Ausstellung mit Bildern von den Wettbewerbsteilnehmenden in den Rathäusern an. Die Beteiligung an den Wettbewerben könnte allerdings besser sein keine der vier Nordkreiskommunen konnte mehr als 15 Teilnehmende beim Vorgartenwettbewerb verbuchen und auch der Balkon- und Terrassenwettbewerb läuft eher schleppend, trotz intensiver Berichterstattung.

Das Thema „Schottergärten“, „rten des Grauens“ oder auch „Steinwüsten“ wird immer wieder von den Medien aufgegriffen, auch auf der städtischen Homepage wurden Texte verfasst, mit der Intention, die Öffentlichkeit über die negativen Auswirkungen der öden grauen Flächen aufzuklären. Dennoch bleibt der Eindruck, dass vor neu gebauten Häusern oder sanierten Altbauten bevorzugt die vermeintlich pflegeleichte Variante „Schottergarten“ die einzige Gestaltungsalternative ist - manchmal mit wenigen mediterranen Pflanzen oder Gräsern bestückt oder einer bepflanzten Schale. Auch vor Bestandshäusern werden bislang noch bepflanzte oder zumindest mit versickerungsfähigem Intensiv-Rasen begrünte Flächen in versiegelte oder verschotterte Flächen umgewandelt, da sich das Gerücht der Pflegeleichtigkeit scheinbar vehement hält.

Das in der VO/19/0208 erwähnte ‚Netzwerk kommunaler Klimaschutz - ein Zusammenschluss der Kommunen der StädteRegion, um klimarelevante Themen gemeinsam zu bearbeiten und Lösungen zu suchen - konnte leider nicht zur Unterstützung herangezogen werden. Das Interesse, ggf. Fördermittel abzurufen und r eine Bezuschussung einzusetzen, um Eigentümerinnen und Eigentümer zu einem Rückbau der Schotterflächen zu motivieren, war wohl bei nahezu allen Kommunen der StädteRegion sehr groß, jedoch ist die Thematik kein klassisches Klimaschutzthema und somit nicht förderfähig. Mittlerweile gibt es allerdings zahlreiche sehr informative Broschüren, Planungshilfen und Flyer, bspw. von den Naturschutzverbänden, Ministerien oder dem Verein ‚Kommunen für Biologische Vielfalt (KommBio), auf die kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr zurückgegriffen oder per Link hingewiesen werden kann. Zudem ist das Know-How in den Kommunen, informative Flyer zu erstellen, definitiv vorhanden. Auch hier sind Synergien mit anderen Kommunen des Nordkreises und/oder der Städteregion denkbar und erstrebenswert, wenn es darum geht, Häuslebauern und Gewerbetreibenden Informationsmaterial an die Hand zu gegeben, dass über die Neuanlage von ökologisch und nachhaltig gestalteten Freiflächen, Dach- und Fassadenbegrünung, aber auch den Rückbau versiegelter oder verschotterter Flächen aufklärt. Wenn es die personelle Ausstattung zulässt, sind auch persönliche Beratungsgespräche mit dem Fachpersonal in der Verwaltung denkbar. Auch hier gilt der Grundsatz: Lieber beraten als belehren!

Mit dem Start des React-EU-Förderprojekt „Buntes Band Würselen“chte die Stadt Würselen ein Stück weit auch ihrer Vorbildfunktion gerecht werden, wenn es darum geht Grün- und Freiflächen sukzessive im Hinblick auf Artenvielfalt und Nachhaltigkeit umzugestalten oder neu anzulegen. Das Projekt soll auch nach Ende des Förderzeitraums weitergehen, in der Hoffnung, dass es breite Zustimmung und Anerkennung bei den Bürgerinnen und Bürgern findet und zum Nachmachen anregt.

Dennoch hat all die Berichterstattung bisher nicht dazu geführt, dass weniger Schottergärten angelegt werden. Immer noch entstehen große Flachdachflächen, die noch nicht einmal extensiv begrünt sind oder werden Leichtbauhallen errichtet, bei denen eine Dachbegrünung aus statischen Gründen nicht zulässig ist. Hier könnte jedoch zumindest eine Fassadenbegrünung Abhilfe schaffen und die Fassadenflächen ökologisch und optisch aufwerten.

Wie gehen andere Städte mit dem Thema um?

Viele Städte haben mittlerweile eine Grün- und/oder Gestaltungssatzung, so auch die Stadt Aachen. In Großstädten sind die Satzungen oft auf bestimmte Gebiete festgelegt, z.B. Köln, um die Umwandlung orts- und straßenbildprägender begrünter Vorgärten nicht weiter an Stellplätze zu verlieren, oder Aachen, um asphaltierte Park- und Lagerflächen mit Bäumen und Hecken zu begrünen. Kleinere Städte dagegen wenden die Grün- und Gestaltungssatzung auf alle Bereiche an, in denen kein Bebauungsplan gilt (z.B. Bebauung nach § 34 BauGB). In einer Gestaltungssatzung kann beispielsweise auch die Verwendung von Schottermaterial oder der Einsatz von Kunstrasen auf privaten Flächen verboten werden, um den Schutz des Bodens und die Erhaltung der Versickerungsfähigkeit zu gewährleisten. Außerdem ist auch eine Begrenzung von Zaunhöhen auf 1,2 m entlang der Grundstücksgrenze zur Straße möglich, um zu verhindern, dass immer mehr „undurchsichtige“nde entlang der Gehwege entstehen. Viele Städte setzen eine Grün- und Gestaltungssatzung ein, um künftig großflächige Flachdächer zumindest extensiv zu begrünen oder eine Fassadenbegrünung für massive Hallenwände durchzusetzen.

Rechtliches

Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund hat eine Handlungsempfehlung zum Thema „Schottergärten“ herausgegeben, die dieser Vorlage als Anlage angehängt ist. Hier werden alle wichtigen Paragraphen aus dem Baugesetzbuch, dem Grundgesetz und der Landesbauordnung zitiert, die für einen rechtssicheren Umgang mit dem Thema erforderlich sind. Fazit:

- Im Baugesetzbuch und in der Landesbauordnung befinden sich Regelungen und Vorschriften, mit der die Versiegelung und/oder Verschotterung von nicht überbaubaren Flächen auf einem Grundstück verhindert werden können. Die Verwaltung sieht deshalb zukünftig vor, in Bebauungsplänen die textlichen Festsetzungen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 16d, 20 und 25 a BauGB an die Ziele der Grünsatzung anzupassen.

- Nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist es sogar theoretisch möglich, einen Rückbau der verschotterten Flächen zu erzwingen. Hier ist aber eine 7-Jahres-Grenze nach § 42 Abs. 2 BauGB zu beachten, der Schaden durch die Verschotterung könnte schwer nachzuweisen sein. Den Rückbau rechtlich durchzusetzen erfordert viel Personal- und Sachaufwand, mit oftmals wenig Aussicht auf Erfolg. Daher rät der NRW Städte- und Gemeindebund eher dazu, sich auf die Neuanlage von Vorgartenflächen zu konzentrieren und die Bürgerinnen und Bürger dabei mitzunehmen, aufzuklären und zu beraten.

- Da große Teile der bebauten Gebiete eben nicht durch Festsetzungen zur Begrünung der nicht-überbaubaren Flächen überplant oder mit Satzungen überzogen sind, hat der § 8 Abs. 1 Satz 1 Bauordnungsgesetz NRW eine hohe Bedeutung. Durch die Ermächtigung des § 89 Abs. 1 Nr. 5 BauO NRW können die Regelungen des § 8 Abs. 1 BauO NRW durch eine Grün- und/oder Gestaltungssatzung hervorgehoben und konkret abgebildet werden.

- Die Einhaltung der Vorschriften soll stichprobenartig untersucht werden. Hinweise auf mögliche Verstöße kommen meist aus der Nachbarschaft. Außerdem sollten die Bauherren und -herrinnen eine «Konformitätserklärung» unterzeichnen, dass sie die Regeln eingehalten haben. Laut Erfahrungsbericht anderer Kommunen konnten Streitfälle in den meisten Fällen gütlich geregelt werden.

Warum sollte die Stadt Würselen ihre textlichen Festsetzungen in Bezug auf die Gebäudevorflächen überarbeiten und eine Grün- und Gestaltungssatzung verfassen?

Besonders im Hinblick auf die zukünftigen Neubau- und Gewerbegebiete sollte die Stadt Würselen zeitnah geeignete textliche Festsetzungen formulieren, um die Begrünungs- und Bepflanzungsgebote aus dem BauGB rechtssicher durchsetzen zu können.

r alle Gebiete außerhalb der Bebauungspläne und für die Gestaltung großer Flachdach- und Fassadenflächen sollte eine Grün- und Gestaltungssatzung entwickelt werden, damit sich Schottergärten nicht noch weiter ausbreiten und sich „Bau-Sünden“, wie sie zahlreich im Gewerbegebiet Aachen-Kreuz zu finden sind, in Zukunft nicht mehr wiederholen. Die Tatsache, dass Leichtbauhallen keine Dachbegrünung aus statischen Gründen aushalten, ist mit einer Fassadenbegrünung zumindest teilweise zu kompensieren. Denn sie hilft nicht nur dabei, das Mikroklima durch Feinstaubbindung und Temperaturreduzierung zu verbessern und dem einen oder anderen Kleintier einen geeigneten Lebensraum zu bieten, sondern ist vor allem auch eine Wohltat für das Auge. Eine Grün- und Gestaltungssatzung ist wichtig im Hinblick auf die Gestaltung der Freiflächen vor Neubauten, die nicht unter die Regelungen eines Bebauungsplans mit seinen textlichen Festsetzungen fallen und um einen Einfluss zu haben auf die Gestaltung der Gebäude und der Gewerbe-Freiflächen, die in naher Zukunft auf Würselener Stadtgebiet entstehen werden.

Um im Bestand Rückbau-, Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen fördern zu können, muss die Stadt zunächst einen geeigneten Fördertopf finden und einen Förderantrag schreiben. Eine Grün- und Gestaltungssatzung und die novellierte Baumschutzsatzung unterstreichen gegenüber einem Fördermittelgeber die Ernsthaftigkeit, mit der die Stadt Würselen mehr Biodiversität in die Stadt bringen bzw. weitere Versiegelungen vermeiden sowie eine nachhaltige Entwicklung der Grün und Freiflächen im Stadtgebiet vorantreiben möchte. Ohne die Anpassung der textlichen Festsetzungen und ohne Grün- und Gestaltungssatzung kann die Stadt auch weiterhin kaum ihren Einfluss geltend machen und gegen Verstöße vorgehen.

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

Die Erstellung einer Satzung kostet Personaleinsatz im Bestand und die Einführung der Satzung bedingt zumindest eine stichprobenartige Kontrolle mit dem vorhandenen Personal. Die Öffentlichkeitsarbeit wird nur geringe Kosten verursachen, die über das allgemeine Budget des Fachamtes gedeckt sind.

r das Abrufen von Fördermitteln, z.B. zu Begrünungs- oder Entsiegelungsmaßnahmen, werden Eigenmittel erforderlich sein. Dabei muss zunächst ein geeignetes Förderprogramm gefunden und ein Förderantrag gestellt werden. Die Maßnahmen werden dann dem zuständigen Fachausschuss zur Entscheidung vorgelegt.

Auswirkungen auf das Projekt Stadt der Kinder:

Der Erhalt von unversiegelten Gärten und Vorgärten ist ein zukunftsweisendes Projekt, um besonders die bestäubenden Insekten zu fördern und die Artenvielfalt zu schützen. Zudem prägen lebendige Vorgärten das Straßenbild positiv und tragen zu einem gesunden Kleinklima bei, von dem vor allem Kinder auf dem Weg zu Kindergarten und Schule profitieren.

 

 

Anlage:

Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Schottergärten

(Städte- und Gemeindebund)


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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