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Ratsantrag der SPD-Fraktion vom 08.09.2022 -
Effizientere Bewässerung von Straßenbäumen


Letzte Beratung
Dienstag, 14. März 2023 (öffentlich)
Federführend
E 18 - Aachener Stadtbetrieb
Originaldokument
http://ratsinfo.aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=26650

Beschlussvorschlag:

Der Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

Der Ratsantrag Nr. 292/18 gilt hiermit als behandelt.


 

 

Klimarelevanz

Bedeutung der Maßnahme für den Klimaschutz/Bedeutung der Maßnahme für die

Klimafolgenanpassung (in den freien Feldern ankreuzen)

Zur Relevanz der Maßnahme für den Klimaschutz

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

X

Der Effekt auf die CO2-Emissionen ist:

gering

mittel

groß

nicht ermittelbar

X

Zur Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

X

Größenordnung der Effekte

Wenn quantitative Auswirkungen ermittelbar sind, sind die Felder entsprechend anzukreuzen.

Die CO2-Einsparung durch die Maßnahme ist (bei positiven Maßnahmen):

gering

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

80 t bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

Die Erhöhung der CO2-Emissionen durch die Maßnahme ist (bei negativen Maßnahmen):

gering

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

80 bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

Eine Kompensation der zusätzlich entstehenden CO2-Emissionen erfolgt:

X

vollständig

überwiegend (50% - 99%)

teilweise (1% - 49 %)

nicht

nicht bekannt

Erläuterungen:

Im Rahmen des Ratsantrages der SPD-Fraktion vom 08.09.2022 wird beantragt, den Aachener Stadtbetrieb und die beteiligten Fachämter zu beauftragen, die Installation von moderner Technik zur Messung von Feuchtigkeit im Boden bei der Pflanzung von neuen Bäumen zu prüfen und eine Testphase dieser Bewässerungsmethode vorzubereiten.

Bewässerungsarten und -ziele

Im Wesentlichen können folgende Bewässerungsarten mit Blick auf die grüne Infrastruktur unterschieden werden.

  • Sättigung des Baumsubstrats vor der Pflanzung: Vorbereitete Baumstandorte sind mit 300-350 Litern pro Kubikmeter Baumsubstrat zu wässern, um die hohen Wasserspeicherkapazitäten zu füllen und somit erst die positive Wirkung des Substrates zu ermöglichen. Ein übertrockenes Substrat kann sich sogar negativ auf die Neupflanzung auswirken.
  • Fertigstellungspflege: Dies ist der Zeitraum zwischen Baumpflanzung und Abnahme der Pflanzung (Ende Juni). Die Bewässerung in dieser Zeit dient ausschließlich der Herstellung des abnahmefähigen Zustands. Eine ausreichende Etablierung ist in dieser kurzen Zeit ausgeschlossen.
  • Entwicklungspflege: Dies ist der Zeitraum nach Abnahme der Pflanzung bis zur Etablierung am Standort. In der Regel wird im Jahr 1-3 mit 15 bis 20 Bewässerungsgängen und Jahr 4 und 5 mit bis zu 10 Bewässerungsgängen pro Jahr gewässert. Die Wurzeln des Baumes sollen sich in der Baumgrube ausdehnen und den umliegenden Boden erschließen, damit sich der Baum selbstständig am Standort versorgen und entwickeln kann.
  • Dauerhafte Bewässerung: Dies umfasst die Bewässerung an schwierigen, extrem trockenen Standorten, im mobilen Grün oder in Wechselbeeten, die nicht ohne die Zuführung von Wasser funktionieren würden. Bei Bäumen können dies z.B. Pflanzungen auf Platzsituationen, auf stark versiegelten Flächen oder mit sehr beengten Wurzelräumen sein.
  • Schadabwendendes Wässern: Hierunter fällt die Bewässerung ganzer Anlagen und Bestände bei anhaltender Trockenheit, um ein Absterben zu verhindern. Das Wässern dient dabei einem Erreichen des „Permanentenwelkepunktes“ entgegenzuwirken. Dies war zuletzt im Hitzesommer 2018 der Fall, als durch die monatelange Trockenheit auch tiefere Bodenschichten ausgetrocknet sind.
  • Spülen nach Schadstoffeintrag: Diese Bewässerung erfolgt, um z.B. die Salzkonzentration im Boden nach einem Streusalzeintrag zu senken. Der Schadstoff muss wasserlöslich sein und darf tiefere Bodenschichten und das Grundwasser nicht gefährden.

Richtig Wässern (Entwicklungspflege)

Um die Pflanzungen am Standort dauerhaft zu etablieren und in Funktion zu bringen, ist eine gezielte Verteilung der Wassergaben auf der Fläche in Abhängigkeit des Standalters erforderlich, um die Wurzelverteilung zu fördern und zu lenken.

Es steht nicht nur die Erhaltung, sondern die Etablierung des Baums im Vordergrund.

  • 1. Standjahr

Es wird innerhalb des Gießrings/-sacks gewässert mit dem Ziel, den Wurzelballen zu versorgen und den „Pflanzschock“ (Wurzelverlust) zu kompensieren.

Es wird in 15-20 Gießdurchgängen mit einer Wassermenge von 150-200 Litern gewässert. Dies entspricht einer Vollversorgung.

  • 2. Standjahr

Es wird in den Gießrings/-sack und darüber hinaus (ca. +50 cm) gewässert mit dem Ziel, den Wurzelballen zu versorgen und die Wurzelausdehnung weiter zu fördern.

Es wird in 15-20 Gießdurchgänge mit einer Wassermenge von 150-200 Litern gewässert. Dies entspricht einer Vollversorgung.

  • 3. Standjahr

Der Gießring/-sack wird entfernt und es wird unterhalb der Kronentraufe und darüber hinaus (ca. +50 cm) mit dem Ziel gewässert, den Baum zu versorgen und die Wurzelausdehnung weiter zu fördern.

Es wird in 15-20 Gießdurchgänge mit einer Wassermenge von 150-200 Litern gewässert. Dies entspricht einer Vollversorgung.

  • 4. Standjahr

Es wird unterhalb der Kronentraufe (ca. +50 cm) bzw. die gesamte Baumscheibe gewässert mit dem Ziel, den Baum zu versorgen und die Wurzelausdehnung weiter zu fördern und Trockenschäden vorzubeugen.

Es wird mit +/- 10 Gießdurchgänge mit einer Wassermenge von 150-200 Litern gewässert. Dies entspricht einer witterungsabhängigen Versorgung.

  • 5. Standjahr

Es wird unterhalb der Kronentraufe (ca. +50 cm) bzw. die gesamte Baumscheibe gewässert mit dem Ziel, den Baum zu versorgen und die Wurzelausdehnung weiter zu fördern und Trockenschäden vorzubeugen.

Es wird mit +/- 10 Gießdurchgänge mit einer Wassermenge von 150-200 Litern gewässert. Dies entspricht einer witterungsabhängigen Versorgung.

  • 6. Standjahr und Folgende

Bei sehr schwierigen Standorten ohne ausreichenden Wassereintrag kann eine längere Entwicklungspflege bis zur Etablierung oder eine dauerhafte Gießpflege erforderlich sein, um den Baum zu erhalten.

Es wird bei Bedarf mit einer Wassermenge von 150-200 Litern gewässert. Dies entspricht einer bedarfsorientierten Versorgung.

  • Schadabwendung bei anhaltender Trockenheit

Bei anhaltender Trockenheit sind ggf. Gießgänge erforderlich, um Trockenschäden abzuwenden und einem Eintritt des Permanentenwelkepunktes“ entgegenwirken.

Es wird bei Bedarf mit einer Wassermenge von 150 Litern und mehr gewässert. Dies entspricht einer bedarfsorientierten Versorgung.

Kennzeichnung

Um das jeweilige Standjahr und die daraus resultierende Wassergabe ohne Hilfsmittel erkennen zu können, wird eine Farbkennzeichnung durch eine farbige Querlattung des Zwei- oder Drei-Bock oder ein Pfahl ca. 60 cm bei Unterflurverankerung zukünftig angebracht. Der fortwährende sechsteilige Farbkreis mit den Primär- und Sekundärfarben gibt dabei das jeweilige Pflanzjahr an.

Farbe

Jahr

Rot

2022, 2028, 2034, 20…

Lila

2023, 2029, 2035, 20…

Blau

2024, 2030, 2036, 20…

Grün

2025, 2031, 2037, 20…

Gelb

2026, 2032, 2038, 20…

Orange

2027, 2033, 2039, 20…

So kann jederzeit ohne zusätzliche Listen oder digitale Endgeräte das Pflanzjahr am Baum erkannt werden. Darüber hinaus wird die Wahrnehmung neuer Pflanzungen verstärkt, wenn Baumverankerungen mit neuen oder abweichenden Farben neben Baumpflanzungen der Vorjahre vorhanden sind.

Sensorik

Eine sensorunterstützte Überwachung der Bodenfeuchte dient im Wesentlichen der Steuerung der witterungsabhängigen Versorgung in der Entwicklungspflege und bedarfsorientierten Gießgängen an schwierigen Standorten.

Aufgrund der in den ersten drei Standjahren erforderlichen und bereits gegebenen Vollversorgung, ist in dieser Zeit eine Steuerung durch Sensorik nicht zielführend, da über eine gute Bewässerung die maximal mögliche Wurzelausdehnung ohnehin erzielt werden soll.

Ab dem vierten Standjahr kann durch eine Sensorik zur Bestimmung der Bodenfeuchte der Zeitpunkt der Wassergaben hinsichtlich des tatsächlichen Bedarfes optimiert werden. So kann im Wesentlichen ein höherer Bedarf, der zusätzliche Maßnahmen erfordert, erkannt werden und ggf. auch einzelne Gießgänge aufgrund von anhaltendem durchdringendem Regen überflüssig machen.

Es gibt am Markt bereits ausgereifte Systeme, die neben der Sensorik auch über eine entsprechende Software zur Auswertung/Monitoring und ein strategisches Bewässerungsmanagement verfügen.

Mehrwert

Der wesentliche Mehrwert einer sensorunterstützten Überwachung der Bodenfeuchte ergibt sich also erst zum Ende der Entwicklungspflege aus der effizienteren Bewässerung ab dem 4. Standjahr, bei der witterungsabhängigen Versorgung und den bedarfsorientierten Gießgängen zur Schadensabwehr. Darüber hinaus ist jedoch mit zusätzlichen Erkenntnissen und Mehrwerten zu rechnen, die insbesondere auf der Datenerhebung und -fortschreibung basieren werden. Anzuführen sind hier:

  • Verhältnis von Niederschlag und Bodenfeuchte
  • Unterschiede zwischen offenen und geschlossenen Standorten
  • Entwicklung und Zunahme von Trockenheit im Boden
  • Datenbereitstellung für Forschung und Wissenschaft
  • Bürger*innenbeteiligung und -engagement bei Bewässerungsunterstützung
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Überwachung von Unternehmerleistungen bei der Bewässerung
  • Open Data / Dashboard / Webservice als Beitrag zu Smart-City

Der letzte Punkt ist aufgrund der Bedeutung besonders hervorzuheben, da sich durch die Bereitstellung der Daten unzählige weitere Synergien durch die Erkenntnisse und Verschneidung ergeben können, die eine Vielzahl von Anbindungen im Rahmen von Smart-City geben.

Testphase/Projektablauf

Im Zuge der Wirtschaftsplanung 2024 werden Mittel für die Ausstattung von drei verschiedenen Begebenheiten vorgesehen. Die Vorbereitung zur Vergabe würde bereits in 2023 mit einer Marktsondierung und Kompatibilitätsprüfung zu bestehenden Systemen und Anbindung mit GSM -Verbindung oder über das Funksystem des lokalen Versorgers beginnen. Parallel werden auch die Hochschulen und der Klimaschutz einbezogen, um insbesondere zu prüfen, ob und wie man die gewonnen Daten nicht nur zur Bewässerung nutzen, sondern auch mit anderen Daten (Wetter, Art der Fläche, etc.) verschneiden kann, um weitere Erkenntnisse z.B. für Klimaanpassungsmaßnahmen zu schaffen.

Zu Beginn sollen Pflanzungen an prominenten Stellen mit einer entsprechenden Sensorik ausgestattet werden.

  • Eine Begebenheit mit 5 Bäumen im Straßenbaum (Stadtkern)
  • Eine Begebenheit mit 5 Bäumen an einem Stadtstandort (Stadtkern)
  • Eine Begebenheit mit 5 Bäumen in einer Parkanlage (Stadtkern)

Die verschiedenen Situationen spiegeln die gesamte Bandbreite der städtischen Baumstandorte wider, die von eher geschlossenen Standorten bei Straßenbäumen bis hin zu offenen Standorten in Parkanlagen reicht. Dies erlaubt eine ungefähre Ableitung der Trockenheit an diesen Standorten auf umliegende Standorte mit vergleichbaren Gegebenheiten.

Zu einer Begebenheit gehört die Installation der Sensorik an 3 bis 5 Bäumen in einer Anlage/Gruppe. Dies können z.B. eine Allee, ein Straßenzug, eine Parkanlage oder ein Spielplatz sein.

Dabei wird je Baum ein Sensor direkt in den Ballen des Baumes eingebaut und 3 weitere Sensoren in einem Abstand von ca. 1 Meter in drei unterschiedlichen Tiefen, um die Durchdringung und Feuchte der einzelnen Horizonte bestimmen zu können. Über die 3 bis 5 Bäume in einer Begebenheit kann ein verlässlicher Durchschnittswert gebildet werden.

Die Sensoren haben eine voraussichtliche Lebenserwartung von 7-10 Jahren. Aufgrund der höheren Wirkung und Ableitung der Ergebnisse bei Ersatz- und Neupflanzungen werden diese Standorte vorrangig mit einer Sensorik versehen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass zukünftig auch ein Sensoraustausch an besonderen Plätzen erfolgt.

Die Kosten betragen voraussichtlich einmalig 10.000 € für die Auswertungssoftware, Schulung und Beratung im ersten Jahr sowie 20.000 € für die technische Ausstattung von 15 Bäumen an den ersten 3 Begebenheiten.

In den folgenden Jahren sollen jeweils 3-4 neue Begebenheiten in der oben beschriebenen Verteilung mit ca. 15-20 Bäumen hinzukommen. Die Kosten hierfür betragen -Stand heute- etwa 20.000 € für die Hardware (Sensorik), Software (Lizenz) und Dienstleistungen (Einbau/Wartung).

Neben der Baumbewässerung könnte auch die Steuerung bei der Gießpflege der Wechsel- und Staudenbeete oder hochwertigen und anfälligen flachwurzelnden Pflanzungen wie z.B. Rhododendron-gruppen von Bedeutung sein. Dies wird im Rahmen der Marktsondierung überprüft und ggf. in die Testphase aufgenommen.

Eine Evaluation über den Verlauf des Projektes und ggf. eine Fortschreibung bei entsprechendem Erkenntnisgewinn wird im Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb vorgestellt werden.

Sonstige Synergien

Um den gestiegenen und voraussichtlich auch weiter steigenden Bedarf an Bewässerungen nachzukommen, wurden bereits drei der für den maschinellen Winterdienst vorgehaltenen Fahrzeuge mit modernen Gießsystemen ausgestattet, um auch in den Sommermonaten effizient eingesetzt werden zu können. Die Systeme verfügen über einen großvolumigen Tank, einen Gießarm mit über 7 Metern Reichweite und eine Steuereinheit mit Wassermengenzähler und Durchflussmengenregler.

Für 2023 und 2024 wird die Anschaffung von vier weiteren Fahrzeugen vorgesehen.


 

 

Anlage/n:

Ratsantrag Nr. 292/18 der SPD-Fraktion vom 08.09.2022



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Beratungsfolge

Dienstag, 14. März 2023Sitzung des Betriebsausschusses für den Aachener Stadtbetrieb

Art
Kenntnisnahme
Ausschuß
Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb
Details
Tagesordnung