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10. Oktober 2016 Stellungnahme der Bundesärztekammer zur medizinischen Altersschätzung bei umF

Die Bundesärztekammer empfiehlt (Stand 09/2016), Altersschätzungen in erster Linie sozialpädagogisch durchzuführen und medizinische Untersuchungen nur in besonderen Ausnahmen vorzunehmen.

"Da die Verfahren teilweise die Gesundheit der Betroffenen gefährden oder ihre Intimsphäre verletzen können, sind auch ethische Fragen berührt. Die vorliegende, auf der Grundlage einer Synopse des medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstandes erarbeitete Stellungnahme widmet sich den ethischen und rechtlichen Aspekten der Praxis der medizinischen Altersschätzung [...] und plädiert dafür, auch in Zeiten großer Herausforderungen hohe ethische Standards zu wahren." (aus der Einleitung der Stellungnahme)

Aus den Empfehlungen:

  • Die Altersschätzung bei unbegleiteten jungen Flüchtlingen sollte gemäß den Handlungsempfehlungen der Landesjugendämter zunächst sozialpädagogisch erfolgen. Eine medizinische Untersuchung sollte nur in besonderen Ausnahmefällen auf Antrag des Flüchtlings oder - bei Verdacht auf Missbrauch - auf gerichtliche Anordnung vorgenommen werden.
  • Bei der Abwägung zwischen der Genauigkeit der Schätzung und möglichen Risiken ergibt sich aus der ärztlichen Fürsorgepflicht heruas der Vorrang der Gesundheit der jungen Flüchtlinge.
  • Die Vorgehensweise bei der Alterseinschätzung muss dem kulturellen Kontext und eine möglichen Traumatisierung des Jugendlichen Rechnung tragen.
  • Systematische Evaluation der Vorgehensweisen bei der Alterseinschätzung mit dem Ziel der Entwicklung interdisziplinärer Standards, die Ethik und Recht berücksichtigen.
    Bis zum Vorliegen dieser Standards soll sich die Altersschätzung an den 2004 publizierten Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik (AG-FAD) außerhalb von Strafverfahren orientieren. Danach sind Röntgenuntersuchungen ausgeschlossen. Darüber hinaus sind Genitaluntersuchungen zum Zwecke der Altersschätzung abzulehnen.
  • Intensive und einfühlsame Information der jungen Geflüchteten über das Verfahren mittels geeigneter Dolmetscher sowie Einverständnis des jeweiligen Vormunds.
  • Körperuntersuchung nur durch pädiatrisch qualifizierte Ärzte.
  • Bei nicht auszuräumenden Zweifeln am Lebensalter sollte zu Gunsten des Betroffenen entschieden werden.

Die gesamte Stellungnahme (PDF):
b-umf.de

Kategorien:
Flüchtlingshilfe , Gesundheit , UMF