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Hilfen zur Erziehung
hier: Jahresbericht 2019 und 2020


Letzte Beratung
Donnerstag, 20. Mai 2021 (öffentlich)
Federführend
Fachdienst 3.3
Originaldokument
http://ratsinfo.wuerselen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=5716

gez. Roger Nießen . gez. ./. .

Bürgermeister Beigeordneter

gez. Hans Brings . gez. Angela Egin .

Fachdienstleiter Sachbearbeiter

 

 

Darstellung des Vorgangs:

Im Arbeitsfeld des Allgemeinen Sozialen Dienstes und seinen Besonderen Sozialen Diensten wird seit vielen Jahren engagierte und fachlich hochwertige Unterstützung für Familien in Würselen geleistet. Die Arbeit mit und für Eltern und Kinder in schwierigen Lebenslagen ist ein wichtiger Bestandteil um gesundes Aufwachsen in Würselen zu unterstützen. Der Erfolg dieser Arbeit lässt sich nicht (ausschließlich) mit den folgenden (Finanz-) Daten messen. Hierfür sind zusätzliche Indikatoren und Erhebungsmethoden gefragt. Diese zu entwickeln und zu erproben ist ein weiteres Vorhaben, welches zukünftig im Fachdienst 3.3 vorangetrieben wird.

Der nachfolgende Bericht stellt die Entwicklung der Fallzahlen in Verbindung mit den Aufwendungen im Bereich der erzieherischen Hilfen der letzten 5 Jahre in Würselen dar (Sachstand 28.02.2021). Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt in den Jahren 2019 und 2020. In vergleichenden Betrachtungen liegt der Fokus vor allen auf den Jahren ab 2018. Seither ist es möglich den Anteil der Aufwendungen für Unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) separat darzustellen. Vergleiche vor 2018 würden das Bild verfälschen.

Erzieherische Hilfen werden im Jugendamt der Stadt durch den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) und die Besonderen Dienste (BSD) auf der Grundlage des SGB VIII gewährt. Hierbei handelt es sich um eine Pflichtaufgabe von Kommunen gegenüber ihren Bürgern. Es besteht bei Bedarf ein Rechtsanspruch auf erzieherische Hilfen.

Diese erzieherischen Hilfen sind ein Überbegriff und setzten sich vor allem wie folgt zusammen:

  1. Hilfe gem. § 19 SGB VIII , der gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und Kinder,
  2. Hilfen zur Erziehung (HzE) gem. § 27 ff SGB VIII,
  3. Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche welche von einer seelischen Behinderung bedroht oder betroffen sind gem. § 35a SGB VIII,
  4. der Hilfe r junge Volljährige gem. § 41 SGB VIII und
  5. den vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, namentlich der Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII.

Die besondere Gruppe der Leistungsempfänger der unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) fließt in die Betrachtung mit ein und wird ggf. besonders erwähnt.

Im zweiten Abschnitt wird auf die Finanzentwicklung im Bereich der Kostenerstattung an Gemeinden gem. § 89 SGB VIII ff eingegangen. Hier sind die Kostenerstattungsansprüche unter Kommunen und Sozialleistungsträgern geregelt. Durch Wechsel der örtlichen Zuständigkeit (z.B. Zuzug oder Wegzug von Sorgeberechtigten) oder durch Unterbringung von Pflegekindern in anderen Kommunen können Erstattungsansprüche entstehen. Diese Aufwendungen sind nur bedingt plan- und steuerbar.

Zuletzt werden die Fallzahlen in der „Erziehungsberatung“ nach § 16, § 18 SGB VIII sowie der Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung nach § 17 SGB VIII, einem weiteren großen Aufgabengebiet der Mitarbeiter*innen des ASD, aufgegriffen.

Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse:

  1. Der Gesamtaufwand (erzieherische Hilfen und Kostenerstattung) steigt seit 2018 deutlich an.
  2. Die Aufwendungen im Bereich Hilfen zur Erziehung (HzE) sind seit 2018 relativ stabil.
    Steigerungen im Gesamtaufwand sind für die Jahre 2019 und 2020 vorwiegend auf folgende Bereiche zurückzuführen:
  • Aufwendungen in Fällen von latenter/akuter Kindeswohlgefährdung gem. § 19 SGB VIII, gemeinsame Wohnform für Mütter/Väter und Kinder und § 42 SGB VIII, Inobhutnahme
  • § 35a SGB III, Eingliederungshilfe
  • § 41 SGB VIII, Hilfe für junge Volljährige, hier insbesondere Fälle in Verbindung mit einer Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII
  • § 89 SGB VIII, Kostenerstattung

Der steigende Nettoaufwand ist bedingt durch steigende Aufwendungen denen sinkende Erträge gegenüberstehen. Erträge ergeben sich überwiegend aus Kostenerstattungen von Gemeinden und dem überörtlichen Träger auch im Falle von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) gem. § 89 SGB VIII.

Ertragsschwankungen, die nicht parallel zur Transferaufwandsentwicklung stehen, hängen mit dem Wohnortwechsel von Sorgeberechtigten Eltern zusammen und sind nicht steuerbar.

In den Jahren 2016-2018 konnten hier durch Erstattungen für die Transferaufwendungen für UMA deutlich höhere Erträge erreicht werden.

Auf diese Entwicklung wird in den folgenden Ausführungen differenziert eingegangen.

  1. Erzieherische Hilfen

1.1. Entwicklung der Gesamtaufwendungen

Die folgende Betrachtung umfasst die Transferaufwendungen im Bereich erzieherischer Hilfen (§ 18 SGB VIII, § 19 SGB VIII, § 27f SGB VIII, § 35a SGB VIII, § 41 SGB VIII; § 42 SGB VIII) sowie Aufwendungen für Kostenerstattungen an andere Gemeinden nach § 89 SGB VIII (Gesamtaufwand).

Tabelle1: Gesamtaufwand, Erträge, Nettoaufwand

Abbildung 1: Aufwand, Erträge*, Nettoaufwand im Verlauf seit 2016

*Ertragsdaten basieren auf Berechnungen im Fachdienst

Nominell bewegen sich die Gesamtaufwendungen in den Jahren 2016 bis 2018 auf einem gleichbleibenden Niveau. Seit 2019 steigen die Aufwendungen an. Auslöser sind hier vor allen Dingen kostenintensive Hilfen im Bereich der Gemeinsamen Wohnform, der Eingliederungshilfe, der Hilfe für junge Volljährige, der Inobhutnahme und den Kostenerstattungen.

Abbildung 2: Anteil der Kostenerstattung an Gemeinden am Gesamtaufwand

So machten die Aufwendungen für Erstattungen an Gemeinden (GV) in 2019 und 2020 über 11% des Gesamtaufwandes aus.

1.2. Transferaufwand erzieherische Hilfen/ohne Kostenerstattung

Die Aufwendungen für die erzieherischen Hilfen insgesamt sind im Vergleich von 2018 zu 2020 nominell um rund 337.000 Euro gestiegen. In 2017 kam es zu einer Aufwandssenkung im Vergleich zum Vorjahr.

Tabelle 2: Transferaufwand erzieherische Hilfen

Abbildung 3: Entwicklung Transferaufwand erzieherische Hilfen im Vergleich mit und ohne UMA

Betrachtet man jedoch den Anteil der Aufwendungen für UMA am Transferaufwand (seit 2018 möglich) wird deutlich, dass dieser seit 2018 kontinuierlich sinkt. Die Gesamtaufwendungen steigen jedoch. Dies bedeutet, dass die Aufwendungen im „klassischen“ Bereich mindestens seit 2019 deutlicher steigen, als dies nominell der Fall ist. So beträgt die tatsächliche Aufwandsteigerung von 2018 nach 2020 rund 814.000 Euro. Wobei die Steigerung von 2018 auf 2019 bei rund 472.000 Euro liegt und die Steigerung von 2019 auf 2020 rund 342.000 Euro ausmacht.

Stellt man nun die Bearbeitungsfallzahlen (im HH-Jahr beendete Fälle zuzüglich aller zum Jahresende noch laufenden Fälle)

Tabelle 3: Bearbeitungsfälle

und die durchschnittliche monatliche Fallzahl (monatlicher Durchschnittswert der geleisteten Hilfen)

Tabelle 4: durchschnittliche monatliche Fallzahl

der Aufwandentwicklung gegenüber, lässt sich erkennen, dass die Bearbeitungsfälle seit Jahren tendenziell sinken.

Die durchschnittliche monatliche Fallzahl steigt 2020 erstmals wieder leicht an.

Der Aufwand hingegen hat sich seit 2019 deutlich erhöht.

Erklärungen hierfür lassen sich bei genauer Betrachtung in einzelnen Hilfearten finden.

1.2.1. Gemeinsame Wohnform für Mütter/Väter und Kinder gem. § 19 SGB VIII

Tabelle 5: Aufwendungen, Bearbeitungsfälle, durchschnittliche Fallzahl seit 2016

Latente oder unklare Gefährdungslagen für (meist) Säuglinge und Kleinkinder führen bei Eignung zu einer gemeinsamen Unterbringung von Mütter/Vätern und ihren Kindern. Je nach Gefährdungspotential und Kooperationsbereitschaft der Eltern können durch diese zunächst kostenintensive Hilfe, Familiensysteme langfristig erhalten bleiben. In 2019 und 2020 stiegen der Bedarf und die Verweildauer in dieser Hilfeform deutlich an.

1.2.2. Hilfen zur Erziehung gem. § 27ff SGB VIII

Tabelle 6: Aufwendungen, Bearbeitungsfälle, durchschnittliche Fallzahl unterteilt nach ambulanten und stationären HzE seit 2016

Die Aufwendungen im Bereich Hilfen zur Erziehung sinken in der Gesamtsumme seit 2018. Dies ist jedoch vor allem den sinkenden UMA-Fällen geschuldet. Die Ausgaben ohne UMA sinken nominell auch deutlich seit Jahren. So sind von 2018 auf 2020 280.000 Euro Ausgabensenkung in diesem Bereich zu verzeichnen. Ebenso sinken in der Summe die Bearbeitungsfälle und durchschnittlichen Fallzahlen. Bei differenzierter Betrachtung lassen sich jedoch folgende Aussagen treffen:

  • Durch längere Laufzeiten in der Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII kam es insbesondere in 2020 zu Kostenverschiebungen. Aufwendungen in der Inobhutnahme sind teilweise „versteckte stationäre HzE-Kosten“.
  • Aufgrund von Corona konnten im ambulanten Bereich manche Hilfen nicht wie geplant durchgeführt werden und nicht von allen beteiligten Trägern wurde ein Antrag nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) gestellt. Dies führte zu sinkenden Ausgaben in 2020. Inwieweit anderseits Hilfen eindeutig durch Corona ausgelöst oder intensiviert werden mussten, lässt sich nur in Einzelfällen datenbasiert belegen.
  • Veränderte Prozessabläufe und Genehmigungsverfahren in der Hilfegewährung scheinen erste Wirkung zu zeigen, so dass Aufwendungen und Bearbeitungsfallzahlen nicht weiter ansteigen, sondern tendenziell stabil sind.

Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse bleibt festzuhalten, dass die Aufwendungen im Teilbereich HzE ohne UMA seit 2018 nicht sinken jedoch relativ stabil sind.

1.2.3. Eingliederungshilfe gem. § 35a SGB VIII

Tabelle 7: Aufwendungen, Bearbeitungsfälle, durchschnittliche Fallzahl unterteilt nach ambulanter und stationärer Eingliederungshilfe seit 2016

Die durchschnittlichen Fallzahlen und Bearbeitungsfälle steigen (in der Tendenz) in der Eingliederungshilfe seit Jahren an. Durchschnittlich befanden sich jedoch mehr Kinder und Jugendliche pro Monat in einer Hilfe. Coronabedingt sind die Aufwendungen in der ambulanten Eingliederungshilfe niedriger ausgefallen als erwartet, da einige Hilfen nicht wie geplant durchgeführt werden konnten und auch hier nicht von allen beteiligten Trägern ein Antrag nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) gestellt wurde. Im stationären Bereich hingegen sind die steigenden Ausgaben auf steigende Unterbringungsdauer und kostenintensive Unterbringungsformen zurückzuführen.

1.2.4. Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII

Tabelle 8: Aufwendungen, Bearbeitungsfälle, durchschnittliche Fallzahl seit 2016

Steigende Bearbeitungsfallzahlen und ein Wiederansteigen der Laufzeiten lassen hier die Kosten trotz sinkender UMA-Aufwendungen ansteigen. Seit 2020 ist der Anteil der Aufwendungen für Fälle der Eingliederungshilfe darstellbar. Diese machen 56% der Aufwendungen aus sowie 54% der durchschnittlichen Fallzahl. Da dieser Personenkreis ggf. einen Anspruch auf Unterstützung bis zum 27. Lebensjahr hat und die Eingliederungshilfen ebenfalls bei den Minderjährigen ansteigen, wird dies voraussichtlich auch zukünftig Auswirkungen auf die Ausgaben im Bereich der jungen Volljährigen nach sich ziehen.

Zudem sind die Kosten stark abhängig davon ob sich Hilfeempfänger in einer ambulanten oder stationären Hilfeform befinden. Der Anteil der stationären Bearbeitungsfälle unter den Volljährigen steigt seit 2018 (ohne UMA) wieder an.

1.2.5. Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII

Tabelle 9: Aufwendungen, Bearbeitungsfälle, durchschnittliche Fallzahl seit 2016

Einer Inobhutnahme geht eine Gefährdungslage für das Kind/Jugendliche voraus. Zumeist erfolgt eine akute Unterbringung in einer Pflegefamilie oder einer Einrichtung. Die deutlichen Schwankungen in den Aufwendungen lassen sich durch die Verweildauer in einer Inobhutnahme erklären. Ein Indikator hierfür ist die durchschnittliche Fallzahl, welche in 2019 und 2020 wieder deutlich anstieg.

ngere Verweildauern in der Inobhutnahme entstehen vor allem dann, wenn durch gerichtliche Verfahren eine Klärung des weiteren Verbleibs der Kinder erfolgen muss. Dies war in 2019 und 2020 der Fall.

  1. Aufwand Erstattungen an Gemeinden (GV) nach § 89 SGB VIII

Tabelle 10: Aufwendungen für Erstattungen an Gemeinden im Bereich HzE und Eingliederungshilfe

Die Kostenerstattungen an Gemeinden haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Durch Zuzug von sorgeberechtigten Müttern und Vätern wurde das Jugendamt Würselen für mehrere Kinder/Jugendliche in einer stationären Unterbringung erstattungspflichtig und teilweise auch fallführend. Hier besteht kein Einfluss auf die Aufwandsentwicklung.

  1. Beratung nach § 16-18 SGB VIII

Tabelle 11: Bearbeitungsfälle in der Beratung seit 2016

Die Daten lassen einen starken Rückgang an Beratungsfällen seit 2016 erkennen. Aufgrund neuer Verfahrensgrundlagen und ab dem Jahr 2019 auch einem Ausbau der Datenqualitätssicherung sind die Zahlen jedoch nicht einfach vergleichbar. Deutlich wird jedoch, dass die Bearbeitungsfälle im Beratungsbereich 30% - 40% der Gesamtfallbearbeitung des ASD ausmachen. Der nochmals deutliche Rückgang der „Erziehungsberatungsfälle“ in 2020 könnte vor allen Dingen an coronabedingten Regelungen und einer erhöhten Personalfluktuation in diesem Jahr liegen.


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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