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Unterzeichnung der Deklaration "Biologische Vielfalt in Kommunen";
hier: Antrag des NABU Kreisverbands Aachen-Land vom
[01.02.2018](si010.asp?YY=2018&MM=02&DD=01 "Sitzungskalender 02/2018 anzeigen"
)


Letzte Beratung
Dienstag, 19. Juni 2018 (öffentlich)
Federführend
Fachdienst 4.3
Originaldokument
http://ratsinfo.wuerselen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=4557

Der Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung beschließt, dem Antrag des NABU Kreisverband Aachen-Land vom 01.02.2018 nicht zu folgen, die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ nicht zu unterzeichnen und dem Städtebündnis nicht beizutreten.

gez.: i.V. von Hoegengez.: von Hoegen .:

Bürgermeister Erster u. Techn. Beigeordneter

gez.: Schmitz-Gehrmanngez.: Püll

FachdienstleiterSachbearbeiterin

 

 

Darstellung des Vorgangs:

Am 01.02.2018 wurde vom NABU (Naturschutzbund Kreisverband Aachen-Land), vertreten durch Herrn Dr. Lange, ein Antrag eingereicht, mit der Bitte, die Stadt Würselen möge die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ unterzeichnen und dem Städtebündnis beitreten. In der Ratssitzung am 08. März 2018 wurde vom zuständigen Fachdienst eine Beschlussvorlage zu diesem Thema in diesem Fachausschuss angekündigt.

Die Biologische Vielfalt (Biodiversität) umfasst die Vielfalt der Lebensräume (Biotope) mit ihren Pflanzen- und Tierarten sowie deren genetische Vielfalt in Rassen und Sorten. Die nationalen und internationalen Bemühungen, den weltweiten Verlust der Biodiversität bis zum Jahr 2010 zu verlangsamen oder gar zu stoppen, waren bislang nicht ausreichend. Bei dieser Jahrhundertaufgabe der Gesellschaft haben Städte und Gemeinden aufgrund ihrer Vorbildwirkung und der Möglichkeit, wichtige Impulse an höhere politische Ebenen zu senden, eine wichtige Bedeutung. Mit dem Beitritt verpflichten sich die Städte und Kommunen, die biologische Vielfalt vor Ort gezielt zu stärken und deren Anforderungen als Grundlage einer nachhaltigen Stadtentwicklung bei allen Entscheidungen auf kommunaler Ebene zu berücksichtigen. Im Besonderen sind es Themen aus den Bereichen

  • Grün- und Freiflächen
  • Arten- und Biotopschutz
  • Nachhaltige Nutzung
  • Bewusstseinsbildung und Kooperationen.

Akteure bei einem Beitritt sind

  • Öffentliche Eigentümer: Kommune, Straßen NRW (Land) und ggfls. auch der Bund
  • Private Eigentümer: Privatpersonen, Unternehmen mit Flächenbesitz, Landwirtschaft
  • Vorwiegend gemeinwohlorientierte Organisationen: Vereine, Kirchen und Stiftungen

Da jede Stadtentwicklungsmaßnahme direkte Auswirkungen auf Boden, Vegetation und Mikroklima hat, können bei guter Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und lokaler Bevölkerung sowie frühzeitigem Einbeziehen biodiversitätsrelevanter Gesichtspunkte, negative Einwirkungen gering gehalten und neue Strukturen zum Erhalt der biologischen Vielfalt geschaffen werden. Derzeit haben sich mehr als 135 Kommunen diesem Bündnis angeschlossen und die Deklaration unterzeichnet.

Auch in Würselen gibt es bereits einige Ansätze, die es wert wären, dem Bündnis beizutreten:

  • Seit 2001 gibt es die Ökokontomaßnahme am Duffesheider Weg; hier geht die Stadt mit der Anlage von Kompensationsflächen in Vorleistung: Werden für die Realisierung von Bau- oder Gewerbegebieten Ausgleichs- und Ersatzflächen fällig, bucht die Stadt die benötigten Quadratmeter vom Ökokonto ab. Zwei Abschnitte der insgesamt über 170.000 m2 großen Fläche am Duffesheider Weg sind nun bald verbucht und die Umsetzung eines ca. 22.000 m2 großen Teils des dritten Abschnitts wird im kommenden Herbst/Winter angelegt. Aufgrund der geänderten Anforderungen an Ausgleichsflächen – weg von der Anlage mehrzeiliger Hecken und Feldgehölzinseln und hin zu extensivem Grünland, Offenlandbrachen und Blühflächen – wird die ursprüngliche Konzeption am Duffesheider Weg in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde der StädteRegion Aachen (UNB) derzeit überarbeitet. Mit der Anlage solcher Extensivwiesen und Blühflächen, aber auch der Anlage von Streuobstwiesen, wird viel für den Erhalt der biologischen Vielfalt getan.
  • Ein Projekt der besonderen Art ist das EU-Projekt 'LIFE-Amphibienverbund', das von der Biologischen Station der StädteRegion Aachen zusammen mit vielen Partnern zum Erhalt gefährdeter Amphibienarten durchgeführt wird. Durch die Gegebenheiten auf der Steinkohlehalde (Schwarze Berge im Wurmtal) konnte sich hier eine Amphibienart ansiedeln, die von Natur aus ihren Lebensraumschwerpunkt im Hügel- und Bergland hat: die Geburtshelferkröte. Sie benötigt weitgehend vegetationslose Flächen, lockeres Bodenmaterial, in das sie sich eingraben kann und zahlreiche Kleingewässer. Da die Halde nun schon seit fast fünf Jahrzehnten brach liegt, waren die Hänge aber inzwischen durch zahlreiche Bäume – überwiegend der Pionierarten Birken und Weiden - beschattet. Beinahe alle Stillgewässer sind verlandet und somit ging auch die Zahl der Geburtshelferkröten erheblich zurück; es drohte der Verlust der Art in diesem Naturschutzgebiet. Dem Lebensraumverlust wird nun durch Gehölzrodungen im Hangbereich der Halde entgegengewirkt; zudem entstehen im flachen Bereich der Halde kleine Becken, die den Erhalt der Art langfristig sichern sollen. Finanziert wird das Projekt von der EU, dem Land NRW und der UNB – die Stadt Würselen gibt lediglich die Erlaubnis, die Maßnahmen auf stadteigenen Flächen durchzuführen.
  • Auch das „Urban Gardening“ wird häufig von teilnehmenden Kommunen des Bündnisses für Biologische Vielfalt aufgegriffen, um nicht nur ungenutzte städtische Brach- und Grünflächen ökologisch aufzuwerten, sondern über die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger die Identifikation mit den öffentlichen Flächen zu stärken und somit auch die spätere Nutzung zu sichern. Die Forderung, Grünflächen gemeinschaftlich zu gestalten und zu nutzen, erlangt vielleicht auch mangels eigener privater Grünfläche immer mehr an Bedeutung: Baugrundstücke in beliebten Wohnlagen nahe der Ballungszentren werden immer teurer und somit die Neubaugebiete immer enger – gemeinschaftlich genutztes öffentliches Grün kann hier nicht nur den Umgang mit der Natur, besonders für Familien mit Kindern fördern, sondern auch viel zum Erhalt der Artenvielfalt im Stadtgebiet beitragen. In Würselen gibt es bislang ein Urban Gardening-Projekt auf einer öffentlichen Grünfläche im Stadtteil Scherberg, das von Privatpersonen betreut wird.
  • Seit 2010 wurden zahlreiche innerstädtische Blühstreifen und –flächen sowie Baumscheiben und Pflanzbeete entlang von Straßen angelegt, die besonders bienen- und insektenfreundlich sind. In seiner Sitzung vom 15.02.2018 beschloss der Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss die Anlage weiterer Blühflächen im Stadtgebiet, die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit durch Bereitstellung von Saatgutmischungen, Informationen für die Bürgerinnen und Bürger auf der städtischen Homepage und die Bewerbung der ortsansässigen Landwirte zur Nutzung von Förderprogrammen für Blüh-Zwischensaaten. Leider konnte aufgrund erheblicher personeller Engpässe bei dem Fachdienst KDW und derzeitiger Überlastung der zuständigen Sachbearbeiterin im FD 4.3 noch nichts davon umgesetzt werden!

Viele Beispiele teilnehmender Städte und Kommunen auf den Internetseiten des Bündnisses “Kommunen für biologische Vielfalt“ zeigen, dass mit hohem personellen Aufwand Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird: Intensive Pressearbeit, Umwelttage, Aktionen mit Kitas und Schulen, Kooperationen mit Umweltverbänden, Informationsveranstaltungen, Wettbewerbe sowie Patenschaften werden häufig von Umwelt- und/oder Gartenämtern initiiert, koordiniert und organisiert.

Für die meisten Kommunen gibt es aber keine ausreichende personelle und finanzielle Unterstützung, da Grünflächenversorgung nicht den erforderlichen Stellenwert hat – es handelt sich dabei nämlich um freiwillige Aufgaben, Pflichtaufgaben zählen mehr! Städtische Naturräume mit minimalen Pflegestandards oder Brachen als eine spezifische Form urbaner Wildnis haben zwar eine hohe Bedeutung für die biologische Vielfalt – auf diesen Flächen lassen sich besonders hohe Artenzahlen nachweisen - aber die Wahrnehmung solcher Brachen ist in der Bevölkerung sehr ambivalent, sie werden oft als nicht gerade „wertvoll“ wahrgenommen. Die Mehrzahl der Stadtbevölkerung präferiert vor allem gestaltete Park- und Grünanlagen, die regelmäßig gepflegt werden – der regelmäßige Pflegeeingriff stört aber die Entwicklung ökologisch wichtiger Flächen für die Artenvielfalt. Das Wissen um die biologische Vielfalt ist ein wichtiger Schlüssel zur Erhöhung der Akzeptanz – dies gilt für alle Bereiche: Öffentlichkeit, Stadtverwaltung und Politik - eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und eine Strategie, die intensiv und extensiv gepflegten Grünstrukturen ganzheitlich zu betrachten und in Beziehung zueinander zu setzen sind dabei unverzichtbar!

Einiges wird in Würselen bereits ansatzweise gemacht, was zum Erhalt der Artenvielfalt beiträgt, aber es fehlt Personal und Geld, um bestehende Projekte fortzuführen und zu erweitern und die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure aus den Bereichen der Bürgerschaft, Unternehmen, Politik, Verwaltung und Naturschutzverbänden zu koordinieren. Der Beitritt erfordert die Ausarbeitung eines Konzepts - eines sogenannten Masterplans - der Maßnahmen in den Bereichen Freiraumschutz im Stadtgebiet, im Arten- und Biotopschutz, zur nachhaltigen Nutzung, Bewusstseinsbildung und zu Kooperationen aufzeigt, die geeignet sind, die biologische Vielfalt (Biodiversität) als Grundlage einer nachhaltigen Stadtentwicklung verstärkt zu berücksichtigen. Er sollte aus den Bausteinen Bestandserfassung (insbes. der planungsrelevanten Arten), Bewertungskriterien (einschl. Indikatoren), Zieldefinition, Maßnahmenprogramm, Öffentlichkeitsarbeit und Kooperation sowie Monitoring bestehen. Ausgehend von einer Situationsbeschreibung sollte das Konzept Ziele und eine konkrete Vision in Anlehnung an die nationale Strategie zur Biodiversität formulieren. Dazu gehört bzw. gehören:

  • Eine Bestandserfassung von repräsentativen Arten und Lebensräumen, die als Grundlage für eine zielgenaue Auswahl von Maßnahmen dient und sich im Wesentlichen auf planungs- und naturschutzrelevante Arten bezieht, die Bewertung von Arten und Lebensräumen durch die Auswahl bzw. Bildung geeigneter Indikatoren vornimmt, um ein aussagefähiges Monitoring zur Beurteilung des Maßnahmenerfolges zu ermöglichen,
  • Maßnahmenvorschläge, die zur Biotopentwicklung und zum Artenschutz im Siedlungsbereich und in der Landschaft beitragen, um die z.T. kritische Situation von Arten und ihren Lebensräumen zu verbessern, bzw. neue Lebensräume zu schaffen, um die Wiederbesiedlung bestimmter Arten zu ermöglichen,
  • Eine gezielte Evaluation (Bewertung von Projekten, Prozessen und Organisationseinheiten) hilft, den Erfolg der Maßnahmen abzuschätzen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Der Beitritt zum Bündnis bedeutet zum einen eine große Chance, öffentlichkeitswirksam über Best Practice-Beispiele etc. zu berichten und eine hohe Anerkennung für die Stadt zu erlangen, aber auch eine hohe Bürde, die Ziele und Anforderungen zu erfüllen, die zumindest derzeit personell nicht gestemmt werden können! Die unterzeichnenden Kommunen verpflichten sich, die Anforderungen, die die Erhaltung der biologischen Vielfalt vor Ort stellt, bewusst in die Entscheidungen auf kommunaler Ebene einzubeziehen – aber genau das läuft bei vielen Stadtentwicklungsmaßnahmen eher kontraproduktiv. Wenn die Politik sich dazu durchringt, dem Grüninventar und der langfristigen Entwicklung und Pflege mehr Raum zu geben, dann macht ein Beitritt zum Bündnis für biologische Vielfalt Sinn.

Zusammenfassung:

Mit dem Beitritt zum Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ verpflichtet sich die Stadt Würselen, hohe Ziele und Anforderungen zu erfüllen, die biologische Vielfalt vor Ort gezielt zu stärken und deren Anforderungen als Grundlage einer nachhaltigen Stadtentwicklung bei allen Entscheidungen auf kommunaler Ebene zu berücksichtigen. Der Beitritt erfordert die Ausarbeitung eines Konzepts, das Maßnahmen in den Bereichen Freiraumschutz im Stadtgebiet, im Arten- und Biotopschutz, zur nachhaltigen Nutzung, Bewusstseinsbildung und zu Kooperationen aufzeigt, das geeignet ist, die biologische Vielfalt (Biodiversität) als Grundlage einer nachhaltigen Stadtentwicklung verstärkt zu berücksichtigen. Derzeit fehlt aber sowohl Personal als auch die erforderlichen finanziellen Mittel, um ein solches Konzept auszuarbeiten, neue Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität zu entwickeln, bestehende Projekte fortzuführen und zu erweitern und die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure aus den Bereichen der Bürgerschaft, Unternehmen, Politik, Verwaltung und Naturschutzverbänden zu koordinieren. Daher sollte der Beitritt zum Bündnis - zumindest derzeit - nicht erfolgen.

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

Keine

 

 

Anlage/n:

Antrag Deklaration Biologische Vielfalt in Kommunen


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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Beratungsfolge

Dienstag, 19. Juni 2018Sitzung des Bürgerausschusses

Ausschuß
Bürgerausschuss
Entscheidung
geändert beschlossen
Details
Tagesordnung
Auszug

Dienstag, 19. Juni 2018Sitzung des Haupt- und Personalausschusses

Ausschuß
Haupt- und Personalausschuss
Entscheidung
geändert beschlossen
Details
Tagesordnung
Auszug

Donnerstag, 14. Juni 2018Sitzung des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses

Ausschuß
Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss
Entscheidung
an Verwaltung zurück verwiesen
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Tagesordnung
Auszug