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Antrag der SPD-Fraktion und der FDP-Fraktion vom
[25.06.2018](si010.asp?YY=2018&MM=06&DD=25 "Sitzungskalender 06/2018 anzeigen"
) zur Saatkrähenpopulation in Würselen


Letzte Beratung
Donnerstag, 06. September 2018 (öffentlich)
Federführend
Fachdienst 4.3
Originaldokument
http://ratsinfo.wuerselen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=4625

Der Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss beschließt, dass keine Maßnahmen ergriffen werden, um die Saatkrähen durch Lärmerzeugung mittels Krähenklappen und/oder Beschallung mit Greifvogelgeschrei aus dem innerstädtischen Bereich zu vertreiben.

gez. Nelles . gez. von Hoegen

Bürgermeister Erster u. Techn. Beigeordneter

gez. Schmitz-Gehrmann . gez. Püll .

Fachdienstleiter Sachbearbeiterin

 

 

Darstellung des Vorgangs:

Mit dem beigefügten Schreiben vom 25.06.2018 (Anlage 1) beantragen die SPD- und die FDP-Fraktion die Verwaltung zu beauftragen

  1. zu prüfen, wie sie die stark angestiegene Krähenpopulation insbesondere an sensiblen Orten wie Spielplätzen, Kindergärten, Schulen oder Seniorenheimen eindämmen kann.
  2. entsprechende Maßnahmen einzuleiten, die im Einklang mit dem Naturschutz stehen.

Die Saatkrähe (Corvus frugilegus) ist ein Koloniebrüter und besiedelt meist offenes, von Gehölzen, Wäldchen oder Baumreihen bestandenes Acker- und Wiesenland und ist weitgehend auf vom Menschen umgewandeltes Kulturland angewiesen. Viele der Brutkolonien und Schlafplätze befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu menschlichen Siedlungen, vielfach auch in Parkanlagen großer Städte, wo ihr recht lautes Verhalten sowie ihr Koten auf Gehwege und Autos oft als störend empfunden werden. In einigen europäischen Grstädten haben sich sehr große Überwinterungsgesellschaften etabliert (z. B. Wien mit etwa einer Viertelmillion (!) Saatkrähen). Die Tiere zeigen in der Regel auch eine große Ortstreue.

Noch immer werden Saatkrähen durch Abschuss oder Vergiften, Ausschien der Nester, Fällen von Horst- oder Schlafbäumen in ihrem Bestand gefährdet. Die Saatkrähe gilt als Verursacher landwirtschaftlicher Schäden, obwohl diese Zuweisung einer wissenschaftlichen Nachprüfung in den meisten Fällen nicht standhält. Dem tatsächlichen Schadverhalten steht aber ein beträchtliches Nutzverhalten durch den Verzehr von unterschiedlichen Agrar- und Forstschädlingen gegenüber. Da die Bestandszahlen der Saatkrähe bis in die 80er Jahre deutlich zurückgegangen ist, wurde sie unter besonderen Schutz gestellt (Rote-Liste-Art); alle Koloniebrüter wurden auch als planungsrelevant eingestuft, weil bei diesen Arten bereits kleinräumige Eingriffe zu erheblichen Beeinträchtigungen auf Populationsniveau führen können - so auch bei den Saatkrähen!

Auf einem Privatgrundstück in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Bebauungsplangebietes 190 Kapellenfeldchen existierten auf einem an das Plangebiet angrenzenden privaten Grundstück in 50 bis 60 Jahre alten Pappeln ca. 160 (!) Krähen-Nester; die Kolonie war über viele Jahre stabil, hat sich in den vergangenen Jahren sogar stetig noch vergrößert. Pappeln, die dieses Alter erreicht haben, gelten aber als besonders bruchgefährdet und sind häufig von Fäulnisprozessen im Stammfußbereich betroffen, die nicht unbedingt sichtbar sind; so kam es Mitte Januar 2018 bei dem Durchzug des Sturmtiefs Friederike zu mehreren Pappel-Aus- und -Umbrüchen an der nord-östlichen Grundstücksgrenze, unmittelbar neben den Häusern der „Deutschen Reihenhaus“. Deswegen mussten 11 Pappeln zur unmittelbaren Gefahrenabwehr notgefällt werden. Mit Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde der StädteRegion Aachen (UNB) wurde einer Fällung der Pappeln in unmittelbarer Nachbarschaft der Wohnhäuser an der Marianne-Kahlen-Straße und der Johannes-Rau-Straße aus Gründen der Verkehrssicherheit zugestimmt. Die letzten Fällungen wurden in Abstimmung mit der UNB Anfang März 2018 vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Saatkrähen bereits begonnen, Nester zu bauen; aufgrund des Brutdrucks und der Tatsache, dass ca. die Hälfte der Pappeln entfernt wurden und somit die Brut-Möglichkeit für diese große Kolonie deutlich eingeschränkt worden ist, sind die Tiere auf Bäume in der unmittelbaren Umgebung ausgewichen. So kam es, dass viele Brutpaare sich auch in der Innenstadt Würselens niedergelassen haben, besonders im Bereich um das Rathaus und Alte Rathaus herum, da dort noch einige geeignete Brutbäume gefunden werden konnten.

Es dauerte es nicht lange, bis die ersten Bürgerinnen und Bürger sich über die Verkotung und das laute Gekrächze der Tiere in der Verwaltung beschwert haben. Es wurde angefragt, ob es nicht Methoden gibt, die Tiere aus dem Innenstadtbereich fern zu halten. Der zuständige Fachdienst hat daher recherchiert, welche und ob es überhaupt schonende Methoden gibt, die Tiere aus bestimmten sensiblen Bereichen fern zu halten. Dazu wurden auch Gerichtsurteile berücksichtigt:

Die einzig wirksamen Methoden, Saatkrähen daran zu hindern, ein Nest zu bauen, ist Lärm, z.B. verursacht durch sogenannte Krähenklappen oder die Beschallung mit Greifvogelgeschrei. Alle anderen Maßnahmen haben sich als ausgesprochen unwirksam erwiesen. In der Anlage 2 sind zwei Urteile aufgeführt, das erste vom Verwaltungsgericht Stade vom 15.4.2014 (1 A 1490/10), das aufgehoben wurde durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen vom 02.12.2015 (Az. 4 LC 156/14). Letzteres erlaubt die akustische Vergrämung von Saatkrähen mittels Krähenklappen oder Greifvogelbeschallung. Diese Beschallung hat lediglich in einem kurzen Zeitraum zu erfolgen, in dem die Vögel versuchen, ein Nest aufzubauen, je nach Witterung zwischen Ende Februar und Ende März.

Es sollte jedoch bedacht werden, dass es sich dabei auch um eine Lärmbelästigung handelt, die sich aufgrund der dichten Bebauung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Nachbarschaft entwickeln kann (Erschrecken - ähnlich der Lautstärke von Schüssen!). In zahlreichen anderen Städten hat man bereits schlechte Erfahrungen mit der Vergrämung von Saatkrähen gemacht; im Internet sind zahlreiche Berichte dazu zu finden.

Die Belästigung durch die Vögel beschränkt sich auf die Zeit zwischen März und Anfang Juni: Sind die Jungvögel flügge, verlassen sie mit den Elterntieren zumindest tagsüber die Stadt und halten sich aus Gründen der Nahrungssuche im offenen Kulturland auf. Abends werden dann Bäume als Schlafstätten ausgesucht das müssen aber nicht die Brutbäume sein! Nach Auffassung der Verwaltung sollten daher die Belästigungen während der Bruttätigkeit für den kurzen Zeitrahmen von drei Monaten in Kauf genommen werden. Evtl. müssen Schilder aufgehängt werden, die auf die Verschmutzung aufmerksam machen und die Nutzung besonders beeinträchtigter öffentlicher Flächen einschränken.

 

 

 

 

Anlagen:

1. Antrag der SPD- und der FDP-Fraktion

2. Gerichtsurteile zum Einsatz von Lärmerzeugung zur Vergrämung von Saatkrähen


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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Donnerstag, 06. September 2018Sitzung des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses

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