Verpflichtungserklärung
Hintergrund
Was ist eine Verpflichtungserklärung?
In Deutschland lebende Angehörige haben mit einer Erklärung zusgesichert, dass sie bereit sind, den Lebensunterhalt von - zumeist aus Syrien stammenden - Verwandten zu sichern, um diese auf legalem Weg nach Deutschland holen zu können.
Stichworte: Landes- oder Bundesaufnahmeprogramme, Kontingentflüchtlinge
Gültigkeitsdauer der Verpflichtungserklärung
In der vor Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6.8.2016 gültigen Fassung des § 68 AufenthG - Haftung für den Lebensunterhalt ist die Dauer der Verpflichtung nicht geregelt und damit grundsätzlich erstmal unbefristet.
Das MIK NRW hat in einem Erlass vom Mai 2015 seine Auffassung geäussert, dass die Verpflichtung mit Erhalt eines Aufenthaltstitels beendet sei.
Mit dem Integrationsgesetz vom 6.8.2016 wurde im § 68 AufenthG eine fixe Dauer von 5 Jahren ab Einreise aufgrund einer Verpflichtungserklärung festgesetzt - unabhängig vom Aufenthaltstitel. Vor dem 6.8.2016 abgegebene Verpflichtungserklärungen wurden auf 3 Jahre befristet.
Konsequenzen
Einerseits gibt es nun eine Verbindlichkeit, was die Gültigkeitsdauer der Verpflichtung angeht - der Erlass der MIK NRW stellte nur eine Rechtauffassung dar, die für Gerichte ein Hinweis ist, aber keinen bindenden Charakter hat.
Dies hat zur Folge, dass in den letzten Monaten / Jahren Sozialbehörden und Jobcenter rückwirkend bereits geleistete Zahlungen an anerkannte Kontingentflüchtlinge von Verpflichtungsgebern eingeklagt haben. Diese Verfahren gehen unterschiedlich aus.
Mehr dazu in einer Antwort vom MIK NRW auf Fragen von uns im Juli 2016:
unserac.de
Aktuelle Rechtsprechungen
Haftung auch nach Anerkennung - aber eingeschränkt
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat im Dezember 2017 entschieden, dass Verpflichtungsgeber auch nach Anerkennung des Flüchtlings-/ Asylstatus für den Lebensunterhalt des Geflüchteten haften - nicht jedoch für die Aufwendungen von Kranken- und Pflegeversicherung.
D.h. die Rückforderung des Jobcenter für die gezahlten Beiträge zum Lebensunterhalt ist laut OVG rechtmäßig, nicht jedoch die Rückfordergung der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
PM des OVG Münster vom 8.12.2017 (PM als PDF)
Anspruch auf Sozialleistungen - aber Pflicht zur Erstattung
Rechtsprechung Landessozialgericht NRW vom 2.2.2017:
Auch wenn eine Verpflichtungserklärung vorliegt, muss der jeweilige Sozialhilfeträger Leistungen erbringen.
ABER:
Die Verpflichtungserklärung führt allein dazu, dass die Kosten vom Verpflichtungsgeber in einem zweiten Schritt zurück verlangt werden können.
D.h. Jobcenter oder Sozialämter dürfen mit Verweis auf eine Verpflichtungserklärung die Leistungen NICHT pauschal ablehnen.
Das Urteil:
sozialgerichtsbarkeit.de
Anfechtung einer Verpflichtungserklärung wegen Inhaltsirrtums
Claudius Voigt von der GGUA weist auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden zum Thema Verpflichtungserklärungen hin:
Durch unverzügliche Anfechtung einer VE wegen Inhaltsirrtums (weil man bei Abgabe der VE davon ausging, dass sie nach der Flüchtlingsanerkennung und dem Wechsel des Aufenthaltstitels erlöschen würde), ist sie rückwirkend nichtig. Somit kann man nicht zur Erstattung von Sozialleistungskosten herangezogen werden. So sieht es das VG Wiebaden in einem Urteil von Dezember 2016.
Das Urteil:
unserac.de
Links
Gesetze + Erlasse
§ 68 AufenthG - Haftung für den Lebensunterhalt
§ 68a AufenthG - Übergangsvorschrift zu Verpflichtungserklärungen
Erlass des MIK NRW vom Mai 2015
Schriftwechsel mit dem MIK NRW
unserAC.de
Gerichtsurteile
Landessozialgericht NRW
- Anspruch auf Sozialleistungen (02/2017)
Verwaltungsgericht Wiesbaden
- Nichtigkeit einer Verpflichtungserklärung bei fehlerhafter Aufklärung über die Gültigkeitsdauer (12/2016)
Landesspezifische Regelungen
In Hessen besteht seit Mai 2017 die Möglichkeit einer einzelfallbezogenen Rückerstattung der von Jobcentern von Verpflichtungsgebern zurückgeforderten Leistungen.
Pressemitteilung des Innenministeriums Hessen