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Koloniale Raubkunst in Aachen
Ratsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 12.02.2019 für den Rat am 27.02.2019


Letzte Beratung
Dienstag, 18. Juni 2019 (öffentlich)
Federführend
Kulturbetrieb
Originaldokument
http://ratsinfo.aachen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=20029

Erläuterungen:

Die im Antrag vorgenommene Gleichsetzung von Kunstobjekten und Kulturgütern aus ehemaligen Kolonialländern mit kolonialer Raubkunst bedarf einer eigenen Diskussion. Bei dieser Gleichsetzung werden diverse Erwerbungsumstände wie Tauschgeschäfte, Ankäufe zum Zwecke wissenschaftlicher Nutzung und aus Interesse an anderen Kulturen (z.B. Alexander von Humboldt) außen vor gelassen.

Die am 13.03.2019 veröffentlichten

„Ersten Eckpunkte zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten der Staatsministerin des Bundes für Kultur und Medien, der Staatsministerin im Auswärtigen Amt für internationale Kulturpolitik, der Kulturministerinnen und Kulturminister der Länder und der kommunalen Spitzenverbände“

thematisieren auf acht Seiten Facetten des Themas. So z.B. die Vorrangigkeit der Aufarbeitung bzgl. menschlicher Überreste, den Diskurs mit den Herkunftsstaaten, den Diskurs mit in Deutschland lebenden Menschen aus den Herkunftsstaaten, Aspekte der Vermittlung, Aspekte der Rückführung, rechtliche Voraussetzungen für eine mögliche Rückführung von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten.

Die Fachverwaltung versteht den Auftrag zum einen dahingehend, dass er nach solchen Kunstobjekten fragt, die nach Europa gelangten, als die Herkunftsländer unter direkter Kolonialherrschaft durch europäische Mächte standen. Die Fachverwaltung geht daher bei der Beantwortung davon aus, dass Kunstobjekte aus Staaten mit versteckt-kolonialen asymmetrischen Machtbeziehungen zu europäischen Mächten (z.B. Lateinamerika nach der Unabhängigkeit, China, Japan…) ebenso wenig gemeint sind wie Objekte aus solchen Staaten, die vor der Produktion derselben einmal Kolonialgebiet gewesen sind (USA, Lateinamerika nach der Unabhängigkeit, Afrika nach der Entkolonialisierung…). Im Hinblick auf heute noch existierende Kolonialgebiete - also im Bereich der Gegenwartskunst - müsste im jeweiligen Einzelfall eine Grenze gezogen werden, ab der von einem fairen Handel mit Kunst ausgegangen werden kann (z.B. karibische Inseln, Pazifikregion, Sibirien, Tibet…).

Zum anderen verstehen wir den zweiteiligen Arbeitsauftrag als im Prinzip dreiteiligen insofern, als im ersten Schritt entsprechende Kunstobjekte und Kulturgüter zu identifizieren sind, im zweiten Schritt zu klären ist, ob es sich dabei um Raubkunst handelt, und im dritten Schritt Prozesse zur Rückgabe einzuleiten (also zunächst einmal: Ansprechpartner zu ermitteln) sind.

Der Ratsantrag fällt zusammen mit Anstrengungen der städtischen Museen, Objekte vor allem kolonial-afrikanischer Herkunft zu ermitteln und näher zu bestimmen. Nach erster Sichtung handelt es sich um rund drei Dutzend Stücke, die vornehmlich im Zollmuseum, zu einem kleinen Teil auch im Suermondt-Ludwig-Museum aufbewahrt werden. Angesichts des geringen Umfangs dieser Sammlungsgruppe besteht an den Aachener Museen selbst keine Expertise. Die Stücke wurden daher bereits in einem ersten Schritt fotografisch erfasst, um sie nun kundigen Kolleginnen und Kollegen zur näheren Bestimmung zuzuleiten. Im Hinblick auf die Bestände des Zollmuseums wird von einem beträchtlichen Anteil an „Airport-Art“ auszugehen sein, also an folkloristischem Nippes rezenter Produktion, doch wird auch dies selbstverständlich ebenso überprüft wie die konkreten Eigentumsverhältnisse (Dauerleihgaben der Bundesrepublik Deutschland? Eigentum der Erbengemeinschaft Friedrichs?).

Darüber hinaus beherbergt das Suermondt-Ludwig-Museum einige Schnitzarbeiten in Holz, Bein und Elfenbein aus Goa, Macao und von den Philippinen, die jedoch keine autochthone Kunst, sondern wesentlich als Zeugnis einer europäisch-einheimischen Mischkultur und Erzeugnis einer Mischbevölkerung aufgefasst werden müssen, zum größten Teil auch angefertigt als seinerzeit gut bezahlte Exportartikel für den europäischen und lateinamerikanischen Markt. Diese letztgenannten Objekte werden von uns als vom Ratsantrag nicht berührte Stücke angesehen.

Die Städtischen Museen arbeiten derzeit also am Auftrag des Ratsantrags in der Klärung des ersten und zweiten Schrittes. Sobald hier Ergebnisse vorliegen, wird die Frage einer Restitution zu klären sein.


 

 

Beschlussvorschlag:

Der Betriebsausschuss Kultur nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

 

Anlage/n:

Ratsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 12.02.2019 für den Rat am 27.02.2019.


Anlagen können jeweils im Originaldokument eingesehen werden.

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Beratungsfolge

Dienstag, 18. Juni 2019öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Betriebsausschusses Kultur

Art
Kenntnisnahme
Ausschuß
Betriebsausschuss Kultur
Details
Tagesordnung